Urteil zum Volksbegehren: Erfolg für “Hamburg Werbefrei”
Im Verfahren über das Volksbegehren „Hamburg Werbefrei“ hat das Hamburgische Verfassungsgericht am Freitag das Urteil verkündet. Demnach ist das Volksbegehren „überwiegend durchzuführen“, wie die Gerichtspressestelle mitteilte. Lediglich eine der beabsichtigten Neuregelungen verstoße gegen das Eigentumsgrundrecht.
Die Volksinitiative „Hamburg Werbefrei“ beklagt eine zunehmende optische Dominanz von Werbung im Stadtraum. Sie fordert eine Neufassung der in der Hamburgischen Bauordnung enthaltenen Regelungen, mit dem Ziel, die Zahl der Werbeanlagen zu reduzieren sowie digitale Werbeanlagen und Wechsellichtanlagen ganz zu verbieten.
Die Bürgerschaft hatte laut Gerichtspressestelle das beantragte Gesetz nicht verabschiedet, woraufhin die Initiatorinnen und Initiatoren im Februar 2023 beantragten, ein Volksbegehren durchzuführen, und eine überarbeitete Fassung des Gesetzentwurfs einreichten. Daraufhin habe der Senat das Verfassungsgericht mit dem Feststellungsziel angerufen, dass das Volksbegehren nicht durchzuführen sei.
Von den beabsichtigten Neuregelungen ist laut Gericht nur diejenige, mit der die Beseitigung bzw. Nutzungseinschränkung bereits errichteter und bislang rechtmäßiger Werbeanlagen angeordnet werden soll, nicht mit dem Eigentumsgrundrecht der betroffenen Grundeigentümerinnen und -eigentümer vereinbar. Der Entwurf berücksichtige nicht ausreichend, dass ein Eingriff in früher erworbene Rechte nur möglich sei, wenn hierfür schwerwiegende Gründe vorlägen, die Vorrang vor dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger auf den Fortbestand ihres Rechts hätten, hieß es. Insbesondere lasse die Regelung keine hinreichende Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu.
Im Übrigen sei das Volksbegehren aber mit höherrangigem Recht vereinbar. Anders als der Senat meine, sei der Entwurf in allen wesentlichen Teilen inhaltlich nachvollziehbar und aus sich heraus hinreichend verständlich. Auch würden in der Begründung die erwarteten Auswirkungen der Neuregelungen so deutlich dargestellt, dass die Stimmberechtigten die Vor- und Nachteile hinreichend nachvollziehen könnten. Eine Verschleierung der Rechtslage oder eine Irreführung der Stimmberechtigten finde nicht statt. Auch das Haushaltsrecht der Bürgerschaft werde nicht wesentlich beeinträchtigt.
Auch mit den Grundrechten sei der Gesetzentwurf im Übrigen vereinbar. Die Regelungen des Entwurfs seien nicht unverhältnismäßig und schafften für künftig neu zu errichtende Anlagen einen Interessenausgleich. Sie berücksichtigten die Belange der betroffenen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer hinreichend, etwa indem sie in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise zwischen Eigen- und Fremdwerbung unterschieden und erstere in größerem Umfang erlaubten. Der Entwurf führe zudem einen Ausgleich zwischen den Informationsinteressen der Bevölkerung und dem Ziel herbei, Werbeanlagen im öffentlichen Raum zu reduzieren. Werbung für kulturelle, politische, sportliche und ähnliche Veranstaltungen würde zwar privilegiert. Das stehe aber mit dem Ziel der Neuausrichtung des öffentlichen Raums in Einklang und entspreche dem gegenüber kommerzieller Werbung gesteigerten Informationsinteresse der Bevölkerung.