Unwort-Jury: Rechte missbrauchen Remigration-Begriff schon lange

Der Begriff Remigration ist nach Einschätzung der Unwort-des-Jahres-Jury nicht erst in den vergangenen Wochen in gefährlicher und verschleiernder Weise missbraucht worden. „Bereits seit 2016 versuchen rechte Gruppierungen, den aus der Migrationsforschung stammenden Begriff ideologisch zu vereinnahmen und umzudeuten“, sagte Jury-Sprecherin Constanze Spieß am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Marburg. Der Begriff finde sich auch während des ganzen Jahres in Bundestagsdebatten. Die AfD habe Remigration schon 2021 in ihrem Bundestagswahlprogramm verwendet.

Laut Spieß wurde Remigration für die Unwort-Wahl während des vergangenen Jahres von Bürgern insgesamt 27 Mal vorgeschlagen. „Dass nach den jüngsten Correctiv-Enthüllungen über das Potsdamer AfD-Treffen zu Remigrations-Plänen zuletzt sehr breit über den Begriff gesprochen wurde, ist letztlich ein Zufall. Es bestätigt uns aber auch in unserer Unwort-Entscheidung“, sagte Spieß.

Die Marburger Sprachwissenschaftlerin sagte, die Unwort-Wahl wolle für unangemessenen Sprachgebrauch sensibilisieren. „Wir legen den Finger in die Wunde, wenn Sprache strategisch missbraucht wird.“ Es gehe jedoch nicht darum, Sprachvorschriften zu machen. „Wir wollen nur jedem und jeder die Möglichkeit geben, informiert und bewusst über die Verwendung von Sprache zu entscheiden.“ Klar sei zugleich, dass die Wahl immer auch Widerspruch auslöse. „Die ersten bösen E-Mails sind bereits bei mir angekommen“, sagte die Wissenschaftlerin.

Nach „Klimaterroristen“ im Jahre 2022 wurde „Remigration“ am Montag zum Unwort des Jahres 2023 gewählt. Rechte Parteien und Rechtsextreme würden den Ausdruck beschönigend für ihre Forderung nach Zwangsausweisungen und Deportationen missbrauchen, erläuterte die Unwort-Jury am Montag in Marburg. Remigration sei ein „rechter Kampfbegriff“ und eine „beschönigende Tarnvokabel“. Das, was mit der Verwendung des Wortes gefordert wird, verletzt freiheitliche und bürgerliche Grundrechte von Menschen mit Migrationsgeschichte.