Unterm weiten Himmel

Was ist eigentlich anders bei der Arbeit als Militärpfarrerin im Vergleich zur Arbeit einer Pastorin? Claudia Köckert war sieben Jahre in einer Kirchengemeinde. Seit Oktober 2022 arbeitet sie als Militärpfarrerin. Sie berichtet über Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

Gottesdienste an neuen Orten oder in der Natur – sogenannte Feldgottesdienste – gehören zur Militärseelsorge dazu
Gottesdienste an neuen Orten oder in der Natur – sogenannte Feldgottesdienste – gehören zur Militärseelsorge dazuFrank Fischer

Als ersten Unterschied fallen mir die geregelten Arbeitszeiten und die relativ klare Trennung zwischen Privatleben und Dienst ein. Daran musste ich mich erst gewöhnen – Wochenende frei, ein geregelter Feierabend – das waren Lebensumstände, die ich bis dahin gar nicht mehr kannte.

Anders ist auch, dass ich fast nur mit jungen Menschen, eigentlich gar nicht mehr mit Seniorinnen und Senioren arbeite. Im Lebenskundlichen Unterricht, eines meiner häufigsten und liebsten Tätigkeitsfelder, treffe ich auf Männer und Frauen, die durchschnittlich 25 Jahre alt sind.

Für diesen Unterricht gibt es ein festes Curriculum, aber die Umsetzung der Themen, die Methoden und die Gestaltung kann ich frei bestimmen. Mir ist wichtig, dass die Stunden abwechslungsreich sind, dass die Soldatinnen und Soldaten untereinander und mit mir in ein gutes Gespräch kommen. In den ersten Monaten habe ich zu den Themen „Resilienz“ und „Verantwortung“ gearbeitet. Für mich sind diese Tage sehr interessant und gewinnbringend.

Unverstellter Blick

Ich genieße den Austausch mit den Soldatinnen und Soldaten, ich schätze ihren klaren und unverstellten Blick auf die Wirklichkeit des Lebens. Ich schätze ihre auch in jungem Lebensalter ausgeprägte Lebenserfahrung – was diese Männer und Frauen bereits erlebt, oftmals auch durchlebt haben, darüber mit ihnen gemeinsam zu reflektieren und nachzudenken ist für mich ein großer Gewinn.

Ich schätze ihre Leistungsbereitschaft und Loyalität zu ihrem Arbeitgeber, der Bundeswehr. Sie nehmen kein Blatt vor den Mund, wenn es um herausfordernde und kritische Punkte im Dienst geht, zugleich sind sie sich ihres Eides bewusst und leben dies. Davor habe ich eine hohe Achtung. Und ehrlich gesagt, sind diese Unterrichtstage oftmals auch sehr humorvoll.

Was mich überrascht hat: wie weit die Militärseelsorge in ihrer Praxis ist. Dinge, die in den Landeskirchen erst nach und nach Fuß fassen, sind hier schon lange geübter Alltag. Dazu gehören Gottesdienste an neuen und ungewohnten Orten, in der Natur, am Standort oder an Bord. Ein Sonnenuntergang auf hoher See als Aussicht zu haben – was für Worte braucht man da noch als Pastorin? Ebenso sind die gottesdienstlichen Formen an die Zielgruppe angepasst und werden immer weiterentwickelt. Auch Segensrituale an Übergängen, vor Einsätzen, vor Vereidigungen gibt es. Sie werden gerne in Anspruch genommen. Diese große Offenheit in der pastoralen Praxis schätze ich sehr.

Absolute Verschwiegenheit

Ein weiterer Unterschied ist für mich die hohe Inanspruchnahme des seelsorgerlichen Angebotes. Dass die Soldatinnen und Soldaten die absolute Verschwiegenheit schätzen, dass sie mit ihren Sorgen, Anliegen und Nöten Rat bei uns suchen oder sich einfach austauschen, das empfinde ich als unseren größten Schatz.

Wie in der Kirchengemeinde sind es die Menschen, um die es geht. Ich darf auf sie zugehen, Orte finden, in denen wir einander kennenlernen und begegnen. Wie in der Gemeinde ist das persönliche, authentische Auftreten, das Engagement in der Kontaktpflege und das Bemühen, eigene Kontakte zu knüpfen, das A und O. Wie jede kirchliche Tätigkeit ist auch die Militärseelsorge Kommunikation des Evangeliums und ein Gottes-Dienst.

Unsere Autorin
Claudia Köckert ist Militärpfarrerin an der Marineunteroffizierschule in Plön (Schleswig-Holstein).