Unterhaltsames Drama aus einem Bilderbuch-Örtchen an der Ostsee

Eva Jensen, die Neue aus dem Westen, bringt in dem leichten Drama „Ostsee für Sturköppe“ neuen Schwung in einen mecklenburgischen Badeort – mit Charme, Köpfchen und vor allem mit viel Verständnis.

Voller Zuversicht reist Eva Jensen (Jennifer Ulrich) in einen kleinen Ort an der mecklenburgischen Ostseeküste, um sich einen Traum zu erfüllen. Die Hamburger Tischlerin will nach der Trennung von ihrem langjährigen Freund und Geschäftspartner eine Werkstatt kaufen und einen neuen Lebensabschnitt einläuten.

Einfach wird es nicht, wie sich gleich nach ihrer Ankunft herausstellt. Die Annonce zum Verkauf der Werkstatt hatte Heide (Jutta Wachowiak) ohne Wissen ihres Mannes Hinrich (Hermann Beyer) aufgegeben. Der 77-jährige Sturkopf denkt gar nicht daran, den Reparaturbetrieb für den eigenen Strandkorbverleih aufzugeben. Die kleine Firma war jahrzehntelang in der Hand der Familie, in der DDR führte er den Betrieb unter Aufsicht des Staates. Nach 1990 hat er den Betrieb wieder aufgepäppelt. Jensen lässt sich von seiner grantigen Zurückweisung nicht ermutigen und bleibt im Ort.

Ihren beharrlichen Überzeugungsversuchen folgt der Fernsehfilm „Ostsee für Sturköppe“, den Regiedebütantin Joana Vogdt nach dem Drehbuch von Sarah Esser inszenierte. Das Erste strahlt ihn am Freitag, den 5. Januar, um 20.15 Uhr aus.

Eva Jensen geht im Ort Klinken putzen, um neue Kunden zu finden. Hier klemmt eine Tür, dort steht eine alte Truhe, die restauriert werden müsste, wieder woanders haben sich die Stufen einer Treppe verzogen. Doch ihre Anstrengungen sind vergeblich. Mal scheitert sie nach einem einzigen Blick eines Hausbesitzers auf ihr Nummernschild und kriegt die Wut auf die „Besserwessis“ zu spüren. Und mal haben die Bewohner eines Einfamilienhauses Angst, dass sie im Auftrag einer Diebesbande das Anwesen ausspionieren will. Jensens einzige Stütze ist ihre Zimmerwirtin, die ihr wichtige Tipps gibt, um die Mecklenburger für sich einzunehmen.

Und dann ist da noch der örtliche Konkurrent um den Kauf der Werkstatt. Christian (Max Woelky) betreibt mit seinem Bruder einen Fischhandel, will sich aber mit einem Imbiss in Strandnähe selbstständig machen. Der Heimvorteil und die delikaten Brötchen mit Fisch aus eigenem Fang stimmen Hinrich milder, doch es braucht mehr als solche kleinen Gefälligkeiten, um ihn zu überzeugen. Den passenden Hebel findet Jensen, indem sie tief in die Familiengeschichte des Paares eintaucht.

Über dem Streit kommen sich die jungen Leute näher – das Happy End zeichnet sich früh ab. Eva gibt ihrem Konkurrenten Christian aber auch den Anstoß, seinem eigenen großen Traum zu folgen.

Hauptdarstellerin Jennifer Ulrich trägt die Geschichte, sie gibt ihrer Eva Jensen eine offene, sympathische Ausstrahlung und einen nie versiegenden Optimismus, um sich gegen die Sturheit von Hinrich und die Vorbehalte der Bewohner des Bilderbuch-Örtchens durchzusetzen. Sie spielt auf Augenhöhe mit Hermann Beyer, Jutta Wachowiak und Christian Grashoff bei einem Auftritt als knorrigen Hausbesitzer.

Ein kleiner Wermutstropfen in dem unterhaltsamen Drama ist die Gewichtung des Einflusses gesellschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen auf die Seele des Menschen. Breiter Raum wird auch 33 Jahre nach Mauerfall den Toten an der Grenze der DDR eingeräumt, während die Kränkungen durch die Übernahme wichtiger Funktionen in der Verwaltung durch Westdeutsche zwar kurz erwähnt, dann aber unter den Tisch gefegt werden.