Unter grüner Tarnkappe

Sie haben uns ihre Energie hinterlassen. Farne wuchsen schon vor 360 bis 300 Millionen Jahren. Damals bildeten sie als Baumfarne zusammen mit Bärlappgewächsen und Schachtelhalmen riesige Wälder, von denen wir heute noch zehren. Denn über die Photosynthese nahmen sie Sonnenenergie auf und die abgestorbenen Pflanzen wurde über die Zeit zu energiegeladener Kohle – samt CO2-Ausstoß bei der heutigen Verbrennung.

Große Baumfarne gibt es immer noch in den Tropen, zierliche Frauenhaarfarne eignen sich eher für das Wohnzimmer und brauchen von Zeit zu Zeit eine Wasserdusche aus der Sprühflasche. Geschrumpft sind seit dem Zeitalter des Karbon auch die Bärlappgewächse, die ebenso zu den Farnen gehören wie Natternzungengewächse, Schachtelhalme und Gabelblattgewächse.

Von den Echten Farnen gibt es etwa 200 Gattungen mit 10.000 bis 12.000 Arten. Sie sind älter als die Samenpflanzen. Wie sie sich vermehren, war den Menschen lange rätselhaft, deshalb schrieben sie den unbekannten „Farnsamen“ magische Fähigkeiten zu. „Wir gehen unsichtbar, denn wir haben Farnsamen bekommen“, heißt es in Shakespeares Drama „Heinrich IV.“ Farnsamen als Tarnkappe konnte nur der Teufel besorgen, dem man dafür seine Seele verschreiben musste, so glaubten viele.

Erst 1851 löste ein deutscher Buchhändler namens Friedrich Wilhelm Benedikt Hofmeister das Rätsel: Farne pflanzen sich mithilfe von Sporen fort, die sich unter den gefiederten Wedelblättern in kleinen bräunlichen Behältern, den Sporangien, befinden.

Die Sporen werden vom Wind davongetragen. Wo sie landen und sich mit Saughaaren verankern, entsteht ein Vorkeim: die Geschlechtsgeneration. Dieses „Prothallium“ trägt auf der Unterseite männliche und weibliche Organe. Die Spermatozoiden brauchen jetzt nur noch Wasser, um zu den Eizellen schwimmen zu können. Dann wächst innerhalb von neun Monaten eine neue Farnpflanze heran.

Etwa der Gewöhnliche Wurmfarn. Er wächst nicht nur im Wald wie die meisten Farnarten, die lichten Schatten und Feuchtigkeit lieben, sondern auch in Gebüschen, an Mauern und in den Bergen sogar oberhalb der Waldgrenze. Ein typischer Vertreter der Echten Farne also, mit trichterförmig zusammenstehenden Wedeln, die schon im Herbst angelegt werden. Wenn sie im Frühjahr austreiben und sich entrollen, sehen sie aus wie Bischofsstäbe.

Der Wurmfarn und der feiner gefiederte Frauenfarn wurden früher als Farnmännlein und Farnweiblein betrachtet. Das führt zurück in animistische Zeiten, als der Wurmfarn noch den Teufel und seine Hexen samt Blitz und Hagel abwehren sollte. Auch sollte er beim Ausgraben von Schätzen helfen und Glück im Spiel bringen. Ganz zu schweigen von den Würmern, gegen die er in der Natur- und Volksheilkunde eingesetzt wurde.

Aber Farn ist giftig, insbesondere der Wurzelstock und die jungen Blätter. Besonders viel Gift enthält der bis zu vier Metern hoch wachsende Adlerfarn (Pteridium aquilinum), was asiatische Köche nicht davon abhält, ihn nach einer entgiftenden Zubereitung ihren Gästen zu servieren. Vor Nachahmung sei abgeraten. Auch der Königsfarn kann zwei Meter hoch werden.

Echte Farne sind ein Geschenk der Natur für den Schattengarten zwischen Hortensien und Funkien. Die amerikanischen Arten werfen im Winter ihr Laub ab, die meisten japanischen sind immergrün. Als unkompliziert gelten Wurmfarn, der auch im tiefsten Schatten überlebt, und Frauenfarn.

„Wenn Sie eine alte Mauer schmücken wollen, bepflanzen Sie sie einmal mit Tüpfelfarn“, rät Wildgärtnerin Violet Stevenson. Der kleine Tüpfelfarn wächst auch auf Bäumen, ein echtes Dschungelgewächs. Der Becherfarn, auch Straußfarn genannt, kann mit seinen Ausläufern binnen weniger Jahre eine freie Fläche im Halbschatten besiedeln.

„Im Halbschatten“, betonte der jüngst verstorbene Gartenkolumnist Johannes Roth, nicht komplett im Schatten: „Die meisten Farne sind zwar Waldbewohner, dennoch keine lichtscheuen Dunkelmänner.“ Manche, wie der Rippenfarn und die kleine Hirschzunge fühlen sich auch im Steingarten wohl, solange die Luftfeuchtigkeit stimmt. Übrigens: Alle Farne sind schneckenresistent.