Unter Deutschlands Top-Schulen

Noch ist unklar, welche Schule den Deutschen Schulpreis gewinnt, doch fest steht: Die evangelische Martinschule in Greifswald, die zur Auswahl der ersten 20 gehört, hat die Jury beeindruckt.

Unterricht am Evangelischen Martinschulzentrum in Greifswald
Unterricht am Evangelischen Martinschulzentrum in GreifswaldSybille Marx

Greifswald. Begeisterung. Das hört man vor allem heraus, wenn Wolfgang Berkemeier über die Evangelische Martinschule in Greifswald spricht. Berkemeier, ein ehemaliger Schulleiter, hat zusammen mit anderen Experten gerade einige der 20 Schulen bundesweit besucht, die den Deutschen Schulpreis gewinnen könnten – einen hoch dotierten Preis, der für einen Aufbruch in der Schullandschaft sorgen soll. Allein die Siegerschule bekommt 100.000 Euro von der Robert-Bosch-Stiftung als Ausrichter. 
Und auch wenn es bis zur Entscheidung noch dauert, so viel kann Berkemeier über die Martinschule schon sagen: „Sie ist ein ausgezeichnetes Beispiel für gelingende Inklusion, und das alles von einem christlichen Menschenbild aus.“ Eineinhalb Tage lang haben er und fünf weitere Experten den Unterricht beobachtet, mit der Leitung, Lehrern, Schülern und Eltern gesprochen. „Ich bin wirklich sehr beeindruckt“, sagt Berkemeier jetzt. 

Lehrer arbeiten in Teams

Unter den 550 Schülern an der Martinschule sind Kinder mit geistiger oder körperlicher Behinderung, Lernbeeinträchtigung, Hoch- oder durchschnittlicher Begabung. Sie alle sitzen bis Stufe sieben gemeinsam in den Klassen, künftig soll sich dieses inklusive Konzept noch in die höheren Stufen ziehen – trotz der Unterschiede in den Lernvoraussetzungen, die Jahr um Jahr weiter auseinander driften. „Das geht natürlich nur, wenn man den Unterricht individualisiert“, sagt Berkemeier. So wie es die Martinschule mache: Statt Frontalunterricht ist ein Wechsel aus Still- und Gruppenarbeit der Normalfall. „Die Lehrer arbeiten in Teams, um für jeden das passende Angebot zu machen“, erklärt Berkemeier. Und nicht die Schwächen, sondern die Besonderheiten und Stärken des einzelnen Schülers stünden im Fokus. „Das wird an der Martinschule wirklich gelebt.“
Möglich sei das alles nur, weil jeder Lehrer hinter dem Konzept stehe, meint der Experte. Außerdem gehörten Integrationshelfer und Pädagogische Helfer zum Team, „diese Multiprofessionalität ist ganz wichtig.“ 

Abschlüsse über dem Durchschnitt

Von Eltern mit leistungsstarken Kindern war in den vergangenen Jahren in Deutschland immer wieder die Sorge zu hören, wegen der Inklusion würden ihre Kinder vielleicht nicht genug lernen. „Die Martinschule zeigt, dass das nicht stimmen muss“, sagt Berkemeier. „Die Schüler dort liegen bei ihren Abschlüssen sogar über dem bundesweiten Durchschnitt“. Auch bei den sogenannten Vergleichsarbeiten, die die achten Klassen bundesweit in den Fächern Mathe, Deutsch und Englisch schreiben, schnitten sie besser ab als der Durchschnitt. Aber noch etwas sei auffallend gut an der inklusiven Martinschule, sagt Wolfgang Berkemeier: „Die Schüler gehen viel toleranter miteinander um als andere.“
Bis Freitag, 23. März, wollen die Jurymitglieder nun entscheiden, welche sechs Schulen zur Preisverleihung nach Berlin eingeladen werden. Der Sieger und die Platzierungen werden im Mai bekannt gegeben. Von Benjamin Skladny, dem Leiter der Martinschule, war nach dem Jury-Besuch Jubel zu hören: Man habe eine „absolut tolle Rückmeldung bekommen“, fand er.
Info
Der Deutsche Schulpreis soll deutschlandweit Schulen mit innovativen Konzepten fördern und vernetzten. Vergeben wird er von der Robert-Bosch-Stiftung und der Heidehof-Stiftung. 90 Schulen hatten sich diesmal beworben.