„Union – Die besten aller Tage“ – Ein Fußball-Film für Fans

Ausführliche Doku über die Fans des etwas anderen Fußball-Bundesliga-Clubs Union Berlin. Sie haben den Anspruch, mit Mannschaft und Vorstand eine eingeschworene Gemeinschaft zu bilden. Geht das überhaupt heutzutage?

In München schlagen die Herzen vieler Fußballfans nicht für den FC Bayern, sondern für den Stadtrivalen TSV 1860, obwohl der Verein mittlerweile in die sportliche Bedeutungslosigkeit abgerutscht ist. Ähnlich wie Fortuna Köln, der aber nach wie vor viele Sympathien selbst unter den Anhängern des 1. FC Köln gehören. Und in Hamburg fiebert man natürlich mit dem FC St. Pauli und nicht mit dem HSV. Nicht nur im Fußball hält man gerne zu den Underdogs mit schmalen Budgets und ohne Superstars.

Auch der 1. FC Union Berlin gehört als Konkurrent von Hertha BSC in diese Kategorie. Wobei die Rivalität in der Hauptstadt auch eine besondere Ost-West-Komponente hat. Union ist in Köpenick beheimatet, das zu DDR-Zeiten zu Ostberlin gehörte. Überdies haben die Eisernen, wie sie von ihren Fans genannt werden, inzwischen auch sportlich die Oberhand gewonnen. Während Union seit 2019 Erstligist ist, dümpelt die „alte Dame“ Hertha im Mittelfeld der 2. Liga herum.

„Union – Die besten aller Tage“ von Annekatrin Hendel verfolgt das Geschehen rund um diesen etwas anderen Fußballverein über einen Zeitraum von drei Jahren. Er beginnt mit dem größten Triumph, der Qualifikation für die Champions League 2023, springt dann zurück in die Saison 2021/2022, als Union es in die Euro League schaffte, und folgt dem weiteren Geschehen weitgehend chronologisch.

Die sportlichen Erfolge werden in wenigen kurzen Sequenzen aus Spielberichten aufgelistet, stehen aber nicht im Mittelpunkt. Vielmehr interessiert sich der Film für die Menschen im Hintergrund. Der Filmemacherin wurde bereitwillig Einlass in die Geschäftsstelle des Vereins gewährt, wo es betont familiär zugeht.

Die Regisseurin führt Zwiegespräche oder darf bei Sitzungen dabei sein. Dort geht es dann beispielsweise darum, ob man für die Fans einen kostspieligen Flieger für das Auswärtsspiel im portugiesischen Braga organisiert. Zwischendurch beantwortet Präsident Dirk Zingler, der nach 40 Jahren das Rauchen aufgegeben hat, die Frage, ob es ihm nun besser gehe, mit einem entschiedenen „Nein!“. Die Filmemacherin begleitet den Manager auch nach Herzogenaurach, wo über einen neuen Ausrüstervertrag verhandelt wird. Doch vorwiegend verbleibt das Geschehen auf dem Areal des Berliner Vereins.

Hin und wieder schaut Hendel beim Training der Fußballer vorbei und fragt einen Co-Trainer: „Sind sie ein harter Trainer?“ Der damalige Chef-Coach Urs Fischer huscht auch mal durchs Bild, kommt aber ebenso wenig zu Wort wie Manager Oliver Ruhnert. Auch Spieler und Fans bleiben eher Randerscheinungen. Dabei machen die Fans einen großen Teil des Faszinosums aus, von denen viele ehrenamtlich bei der Modernisierung des Stadions mithalfen, das keinen Sponsor im Namen führt, sondern nach wie vor „An der Alten Försterei“ heißt.

Wenig verständlich ist, dass alle Personen letztlich anonym bleiben. Lediglich in den Gesprächsrunden hört man den einen oder anderen (Vor-)Namen. Aber wie die Menschen vollständig heißen und was ihr Job ist, erfährt man erst im Abspann. Dieses Manko wäre durch simple Inserts leicht zu beheben gewesen. Die Filmemacherin enthält sich eines Kommentars, blendet gelegentlich aber ein paar launige Auszüge aus dem vereinseigenen Podcast „Taktik & Suff“ ein.

Irgendwann äußert eine Frau aus der Geschäftsstelle, dass bei aller Freude über den aktuellen Höhenflug des Vereins die Besonderheiten von Union kaum noch zum Tragen kämen. Was irgendwie schade sei. In der aktuellen Saison sähe das vermutlich anders aus. Nach neun Niederlagen in Folge rutschte Union in den letzten Wochen Richtung Tabellenende und trennte sich schließlich von seinem Trainer Urs Fischer.

Der Untertitel des Films, der diese Krise nicht mehr thematisiert, passt dennoch: „Die besten aller Tage“. Wobei die besten Tage nicht immer die spannendsten sind. Für eingefleischte Fans, die sich mit der Historie und den Details des Vereins auskennen, ist der Film ein Muss. Für Menschen, die kein inniges Verhältnis zu dem Verein haben, weist der Film allerdings etliche Leerstellen auf.