Und sie erklingt doch – im Internet

Kirchenmusiker Christopher Bender holt das Elbipolis Barockorchester in die St.-Johannis-Kirche, um eine „light-Version“ der Matthäuspassion live aufzuführen.

Die Aufführung der Matthäuspassion findet in der St.-Johannis-Kirche statt und wird live im Internet übertragen.
Die Aufführung der Matthäuspassion findet in der St.-Johannis-Kirche statt und wird live im Internet übertragen.epd/Frieder Blickle

Harvestehude. Weil die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach in diesem Jahr nicht wie geplant in der St.-Johannis-Kirche Harvestehude aufgeführt werden kann, hat Kirchenmusiker Christopher Bender die Aufführung kurzerhand ins Internet verlegt – das erste Streaming-Konzert der Kirchengemeinde.

„Wir wollten die Matthäuspassion schon 2020 aufführen, und weil sie da ausfallen musste, habe ich den Musikern versprochen, dass sie 2021 aufgeführt wird“, sagt Bender. Weil sie nun wieder ausfallen muss, haben Bender und Jürgen Groß, Konzertmeister des Elbipolis Barock­orchesters Hamburg, sich auf das Internet besonnen, denn es geht um mehr als die Passion. „Ich fühle mich den Künstlern verpflichtet“, erklärt Bender. Viele seien freiberuflich tätig und hätten schon ein Jahr lang Einkommensverluste, hinzu komme, dass ein Musiker seinen Beruf auch ausüben wolle. Deshalb hatte er zuvor schon die Idee mit Konzerten im kleinen Kreis.

„Passion light“ wird ohne Chor im Internet übertragen

Vor einem Jahr hat sich die Gemeinde entschlossen, donnerstags mit dem „Abendsegen“ eine musikalische Andacht anzubieten, um einerseits weiterhin Menschen die Möglichkeit zu geben, Andacht und Livemusik zu erleben, und andererseits Musikern eine bezahlte Auftrittsmöglichkeit zu verschaffen. Das Format komme gut an, so der Kirchenmusiker, rund 50 Besucher seien pro Konzert dabei. Bei einem großen Chor-Werk wie der Matthäus­passion klappt das nicht, zumal höchsten 70 Besucher gleichzeitig in die Kirche dürfen.

„Ich habe mich gefragt, wie ich mein Versprechen einlösen soll“, so Bender. Die Antwort ist eine „Passion light“, bei der Solisten und Musiker die Passion ohne den Chor aufführen und das Ganze live im Internet gezeigt wird. „Wir haben die Arien dabei, die Dialoge, und die Chorstücke werden instrumental gespielt oder von Solisten übernommen“, erklärt Bender. „Dadurch gibt es keine Brüche in der Passion.“ Die Aufführung wird mit einer Stunde etwa halb so lang wie das Original, aber, so Bender, für das Internet sei das das richtige Format.

Verbeugung vor einem leeren Raum

Bei den Proben und vor der Aufführung wird vorab ein Schnelltest gemacht – der gilt für mindestens sechs Stunden; Zeit genug, um ohne Gefährdung gemeinsam zu singen. „Die Schnelltests macht einer unserer Musiker vor Ort, der darin ausgebildet ist“, sagt Bender. So soll es auch am Konzerttag funktionieren. „Solange kein Test positiv ist, werden 16 Musiker und 5 Solisten mit viel Abstand und ohne Publikum live in der Kirche die Passion aufführen, die gleichzeitig aufgezeichnet wird.“ Einziger Nachteil sei, dass man das Publikum nicht sehe und dadurch die spontanen Reaktionen nicht mitbekomme. „Wir verbeugen uns am Ende vor einem leeren Raum.“

Gleichzeitig bietet das Konzert eine Chance für die Künstler. „Die Musiker freuen sich darüber“, so Bender. Das öffentliche Musizieren bringe Sinn ins Berufsleben. Auch Jürgen Groß betont die Bedeutung für die Musiker. „Sie wollen nicht nur finanzielle Hilfen bekommen, sondern auch spielen. Kunst braucht ein Publikum, hier funktioniert das wenigstens online. Wir wollen mit der Aufführung des Werks auch der Passionszeit gerecht werden.“

Das Konzert wird am Samstag, 27. März, um 18 Uhr live gezeigt unter www.stjohannis.hamburg. Dort wird es auch einen Spendenbutton geben, um Projekt und Künstler zu unterstützen.