„Und raus bist Du!“ – Musical über Mobbing

In Neubrandenburg entsteht ein Musical über Mobbing. Die Macher hoffen, dass sich das Verhalten im Alltag ändert – bei Zuschauern und Darstellern.

Im vergangenen Jahr ging es in der Gemeinde bei "Tuishi pamoja" nach Afrika
Im vergangenen Jahr ging es in der Gemeinde bei "Tuishi pamoja" nach AfrikaGemeinde St. Michael

Neubrandenburg. Die Idee für das neue Musical kam Andrea Rosenow nach einem Gespräch in der Gemeinde, das sie sehr nachdenklich gestimmt hatte: „Eine Mutter erzählte mir von ihrer achtjährigen Tochter, die sich geweigert hatte, in die Schule zu gehen. Als die Mutter nach dem Grund fragte, antwortete das Mädchen: ‚Weil ich heute dran bin. Heute redet in der Klasse keiner mit mir und alle werden mich behandeln, als ob ich Luft bin.’ Es stellte sich heraus, dass das zu einem richtigen Spiel in dieser Klasse geworden war und jeden Tag die Täter- und Opferrollen neu verteilt wurden. Mich hat geschockt, dass es so etwas schon in der zweiten Klasse gibt.“
Sofort sei ihr dabei ein alter Abzählreim eingefallen: Ene, mene, muh und raus bist du. „Ich finde, das trifft genau, was Mobbing ausmacht, und deshalb habe ich es als Titel für unser neues Stück vorgeschlagen“, erklärt die 54-Jährige. Gemeinsam mit dem Kinderchor „Kleine Riesen“ der Michaelsgemeinde wird das Musical seit Anfang Januar entwickelt und einstudiert. Dafür treffen sich die rund 30 Sänger im Alter zwischen 9 und 14 Jahren jeden Dienstagnachmittag zur Probe.

Die Zunge – ein scharfes Schwert

Dieser Entstehungsprozess ist für Kantor Frieder Rosenow immer etwas Besonderes: „Am Anfang, wenn wir die Ideen sammeln, wird oft heftig darüber diskutiert, was alles ins Stück soll und was nicht, welche Lieder passen und so weiter. Aber nach und nach wächst das Projekt, und es ist immer wieder schön zu sehen, wie am Ende dann doch eine runde Sache daraus wird.“
Mit dem Thema des gerade entstehenden Musicals hat der 59-Jährige früher selbst Erfahrungen gemacht: „In der Schule war ich der Einzige bei uns in der Klasse, der nicht bei den Jungen Pionieren oder in der FDJ war. Immer wieder wurde ich beäugt und gefragt, wieso ich da nicht mitmache. Dieser Status als Außenseiter war manchmal auch sehr belastend.“
Andrea Rosenow hofft, dass die Mitwirkenden und die Zuschauer durch das Stück sensibler für Anzeichen von Mobbing werden und ihr eigenes Verhalten im Alltag überdenken. „Ich wünsche mir, dass sie sich bewusst werden, was die Zunge für ein Schwert sein kann und wie schnell man oft über andere urteilt und negativ über sie spricht. Man muss ja nicht jeden mögen, aber daraus darf keine Ausgrenzung und Diskriminierung entstehen.“

Gute Teamarbeit

Die Wertschätzung jedes Einzelnen soll auch bei der Einstudierung des Musicals im Mittelpunkt stehen. „Bei meiner Arbeit ist mir wichtig, dass die Kinder erleben, dass jeder ihrer Beiträge – egal wie groß oder klein – einen Wert hat und gleiche Bedeutung für das Gelingen unseres Projekts besitzt“, erläutert Kantor Rosenow. Ohne das Zusammenspiel vieler kreativer Köpfe und gute Teamarbeit sei ein Musical außerdem sowieso nicht auf die Beine zu stellen, findet das Ehepaar Rosenow. Auch bei ihnen sind die Rollen dabei klar verteilt: „Ich mache nicht nur Musik, sondern bin auch sehr praktisch veranlagt, weshalb ich bei den Musicals für die Kulissen verantwortlich bin“, sagt Frieder Rosenow und fügt lachend hinzu: „Das macht mir so viel Spaß, dass meine Frau mich manchmal bremsen muss und mich daran erinnert, dass weniger oft mehr ist.“
Für Andrea Rosenow ist ein tolles Bühnenbild bei den Aufführungen nicht das Wichtigste: „Ich finde es ja schön, dass mein Mann beim Kulissenbau so kreativ ist, aber noch entscheidender ist für mich gutes Schauspiel. Ich sage den Kindern immer: Stellt euch vor, der ganze Raum ist eure Bühne, und schauspielert so, dass die Leute die Savanne oder Bethlehem innerlich vor Augen haben. Mimik und Körpersprache können so viel ausmachen!“
Als Ehepaar auch den Arbeitsalltag gemeinsam zu gestalten, erleben die beiden als Herausforderung, aber mehr noch als Geschenk. Frieder Rosenow: „Manchmal brauchen wir uns bloß anzugucken und dann ist im Blick schon klar, wie wir die Dinge angehen wollen – das ist ein echter Segen!“
Info
Kinder im Alter zwischen neun und 14 Jahren, die beim Musicalprojekt in St. Michael mitmachen möchten, können sich noch bis Mitte Februar anmelden unter 0395 / 42 24155. Die Aufführung ist für Anfang Juli geplant.
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