Und am Ende gehen die Handtücher aus

Es ist ein ungewohntes Bild: Direkt vor der Davidwache feiert die Pop up Church Fußwaschungen. Das biblische Angebot kommt bei Partygängern und Passanten besser an, als die jungen Geistlichen erhofft haben.

Mitten auf dem Kiez: Pastor Jakob Pape wäscht Moritz Eigenauer die Füße
Mitten auf dem Kiez: Pastor Jakob Pape wäscht Moritz Eigenauer die FüßePhilipp Reiss / epd

Hamburg. Als am Gründonnerstag auf dem Hamburger Kiez so langsam das Partyleben erwacht, zeigt sich vor der berühmten Davidwache ein ungewohntes Bild: zwei Klappstühle auf Fußmatten mit jeweils einer großen Schüssel Wasser davor, stapelweise kleine Handtücher und Bio-Seife. Es dauert nicht lange, und schon sitzen die ersten Partygänger und lösen ihre Schnürsenkel. Denn die Pop up Church bietet biblische Fußwaschungen an. Zehn Geistliche aus verschiedenen Hamburger Gemeinden haben sich für die ungewöhnliche Aktion zusammengetan.

„Es wird gut angenommen“, freut sich die Pastorin Angelika Gogolin. „Die Menschen bleiben stehen und gucken, und entweder spreche ich sie an oder sie fragen neugierig, was wir hier machen.“ Gogolin unterhält sich unverkrampft mit den Kiez-Besuchern und Passanten. Sie trägt „Doc Martens“-Stiefel und über dem Talar eine schwarze Lederjacke mit Stola in Regenbogenfarben. Einigen bietet sie nur ein Bonbon oder Abwasch-Tattoo an. Wer nachfragt, dem erzählt sie von Jesus.

Leider etwas vernachlässigt

Hintergrund ist die biblische Erzählung aus dem Johannesevangelium, nach der Jesus einen Tag vor seinem Kreuzestod seinen Jüngern die Füße gewaschen hat. Heute wird dieses Ritual meist in katholischen und freikirchlichen Gemeinden praktiziert. Bei evangelischen Christen werde es leider etwas vernachlässigt, sagt Matti Schindehütte, Pastor aus Großhansdorf. Doch das wollten sie mit der Aktion auf der Reeperbahn ändern. „Gott will uns nah sein, auch durch Berührung.“

Philipp Reiss / epd

Moritz Eigenauer aus Rostock ist gerade 18 Jahre alt geworden und will mit drei Freunden auf dem Kiez feiern. „Mit Kirche hab ich nichts am Hut“, sagt er. „Aber es tat erstaunlich gut, und die Leute waren nett.“ Er nehme das als „lustige Anekdote“ aus seinem Hamburg-Besuch mit nach Hause. Auch seine Kumpels ließen sich die Füße waschen und plauderten mit den Pastorinnen.

Auf der zentralen Kreuzung mitten auf der Reeperbahn locken die Lichterketten an den Klappstühlen und Live-Musik viele Menschen an: jung und alt, angetrunken und nüchtern – die Interessierten waren bunt gemischt. Kirchenmusiker Jan Keßler spielt moderne Pop-Songs zum Mitsingen: Liebes- und Friedenslieder von Bosse bis zu den Toten Hosen.


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Die Pop up Church ist eine Pastoren-Gruppe des Nordkirchen-Projekts „Kirche im Dialog“. Sie lässt Kirche an ungewöhnlichen Orten „aufpoppen“. Eines haben Schindehütte und seine Kollegen bei einer Probewaschung angesichts der niedrigen Temperaturen bereits festgestellt: „Das Wasser muss unbedingt warm sein.“

Die Aktion geht über die geplante Zeit hinaus bis in den späten Abend. Am Ende seien die 40 frischen Handtücher aufgebraucht gewesen, sagt Gogolin. „Wir haben alles aus Stoff genommen, was noch nicht benutzt war.“ Anschließend seien sie in kleiner Gruppe noch in eine Bar gegangen, um Bilanz zu ziehen. Alle seien sich einig gewesen, dass sie mit so einer guten Resonanz nicht gerechnet hatten, so die Pastorin. Viele Menschen seien gerührt gewesen, als sie den Segen bekamen.

Liebe und Frieden weitergegeben

Manche hätten sich mit einem Pastor in eine ruhige Ecke zurückgezogen und intensive Gespräche geführt. „Wir wollten mit dieser Aktion Liebe und Frieden weitergeben – und genau so hat es sich auch angefühlt“, sagte Gogolin. (epd)