Umstrittenes Altarbild soll verschwinden

Die Ev. Stiftung Alsterdorf will das umstrittene Altarbild aus der NS-Zeit aus ihrer St. Nicolaus-Kirche entfernen lassen.

Mit einer Prozession hat die Gemeinde den Beginn der Kirchensanierung gefeiert.
Mit einer Prozession hat die Gemeinde den Beginn der Kirchensanierung gefeiert.epd

Hamburg. Mit einem Abschiedsgottesdienst und einer Prozession hat die Gemeinde den Beginn der umfassenden Kirchensanierung gefeiert, infolgedessen das umstrittene Altarbild aus der NS-Zeit aus der Kirche entfernt werden soll. Das Altarbild von 1938 zeigt den gekreuzigten Jesus umgeben von zwölf Menschen mit Heiligenschein und drei offenbar behinderten Menschen ohne Heiligenschein. Es ist als Sgraffito direkt auf den Putz gemalt. Im Februar 2021 wird die neun Meter hohe Altarwand im Stück herausgebrochen und außerhalb der Kirche wieder aufgerichtet.

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Mehrjähriges Umbauprojekt „Straße der Inklusion“

Ersetzt wird die herausgebrochene Altarwand durch eine helle Glaswand, wie sie die 1889 erbaute neugotische Kirche ursprünglich einmal hatte. Die anstehende Sanierung soll zudem die Barrierefreiheit der Kirche verbessern und sie heller werden lassen. Sie hat keine Bänke und wird schon jetzt auch für Konzerte, Feiern und Zusammenkünfte genutzt. Die Sanierung ist Teil des mehrjährigen Umbauprojekts „Straße der Inklusion“, für das 15 Millionen Euro vorgesehen sind.

Altarbild widerspricht dem wahren Menschenbild

Das Altarbild war nach Kriegsende viele Jahre von einem dichten Vorhang weitgehend verdeckt. Die Stiftung suchte jedoch nach einem offenen Umgang mit der eigenen Geschichte. Gedeutet wird das umstrittene Altarbild, dass behinderte Menschen keine direkte Nähe zu Gott haben, sondern dafür Helfer benötigen. Dies widerspreche jedoch dem Menschenbild der Stiftung, sagte Pastor Christian Möring im Gottesdienst. „Gott ist allen Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt gleich nah.“

Die Bauarbeiten in der Kirche beginnen in den nächsten Tagen. Zwei Jahre lang werden die Gottesdienste in der Kapelle des Ev. Krankenhauses Alsterdorf gefeiert. Die Altarwand wird später leicht abgesenkt hinter der Kirche wieder aufgebaut. Sie ist dann Teil eines Lern- und Gedenkortes. Auf ihrer Rückseite sollen die Namen der 511 Bewohnerinnen und Bewohner stehen, die während der NS-Zeit ermordet wurden.

Die Ev. Stiftung Alsterdorf ist mit rund 4.000 Mitarbeitenden eine der bundesweit größten Einrichtungen für behinderte Menschen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden unter dem NS-nahen Direktor Karl Friedrich Lensch 630 behinderte Menschen deportiert, von denen nur wenige überlebten. Nachdem ein Gerichtsverfahren gegen die Anstaltsleitung noch 1973 scheiterte, begann in den 80er-Jahren die systematische Aufarbeitung der NS-Verbrechen. 1987 erschienen das wissenschaftliche Werk „Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr. Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus“. (epd)