In der Mehrheit der Arztpraxen in Baden-Württemberg kommt es regelmäßig zu Gewalt. Mehr als die Hälfte erlebt mindestens einmal im Monat körperliche oder verbale Gewalt, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Mitgliederbefragung des Ärzteverbands MEDI Baden-Württemberg hervorgeht. Bei fast jeder fünften Praxis komme es sogar zweimal bis viermal im Monat zu solchen Vorfällen.
In der Mehrzahl der Fälle geht es offenbar um verbale Gewalt: Mit ihr hätten 67 Prozent der Arztpraxen bereits zu tun gehabt. 16 Prozent, also etwa jede sechste Praxis, hätten sowohl verbale als auch körperliche Gewalt erlebt. Der Ärzteverband MEDI Baden-Württemberg forderte angesichts der Zahlen mehr strafrechtlichen Schutz für die Arztpraxen, konkret: eine Erweiterung des Paragrafen 115 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs.
Der besondere strafrechtliche Schutz für den Rettungsdienst und ärztlichen Notdienst müsse auch für das medizinische Personal in den Arztpraxen gelten, teilte der Verband mit. Gewalt belaste Praxisteams nachhaltig. 39 Prozent der Befragten hätten anhaltende psychische Belastungen nach Gewalterfahrungen genannt, elf Prozent sogar eine nötige ärztliche Behandlung. Ein Drittel der Befragten nehme bei Patientinnen und Patienten eine „zunehmende Respektlosigkeit“ wahr.
Laut der Umfrage hat fast jedes zweite Praxisteam bereits Kommunikationsseminare besucht. Fast jede vierte Praxis setze bauliche Maßnahmen gegen Gewalt um, 15 Prozent vereinbarten Codewörter. Rund acht Prozent der Praxen haben Hausverbote ausgesprochen. In einzelnen Praxen liegen für den Notfall Pfeffersprays bereit.
Der Verein MEDI Baden-Württemberg ist ein Zusammenschluss von rund 5.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten aller Fachrichtungen sowie Psychotherapeuten. (1666/09.07.2025)