Uganda: LGBT-Aktivisten fürchten um ihr Leben

Nach einer erfolgreichen monatelangen Hetzkampagne gilt in Uganda eines der schärfsten Anti-Homosexuellen-Gesetze weltweit. LGBT-Aktivisten befinden sich in Lebensgefahr – und hoffen auf die Gerichte.

Pro-LGBTQ-Protest in Utrecht, Niederlande
Pro-LGBTQ-Protest in Utrecht, NiederlandeImago / ZUMA Wire

Steven Kabuye hat Angst um sein Leben. „Ich bekomme jeden Tag Todesdrohungen“, sagt der LGBT-Aktivist aus Uganda am Telefon. Ein persönliches Treffen ist nicht möglich. Seit Anfang des Jahres, als der Hass gegen queere und homosexuelle Menschen in dem ostafrikanischen Land stärker wurde, versteckt er sich. Das Risiko seinen Aufenthaltsort preiszugeben, will er nicht eingehen.

Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Hetze am Montag, als Ugandas Präsident Yoweri Museveni seine Unterschrift unter das neue Anti-LGBT-Gesetz setzte. Das Regelwerk gilt als eines der schärfsten weltweit. Bei bestimmte Fällen, etwa bei gleichgeschlechtlichen Handlungen zwischen Erwachsenen und Minderjährigen, ist die Todesstrafe möglich.

Einfluss amerikanischer Fundamentalisten

Die ugandische Menschenrechtsanwältin Justine Balya berichtet, dass seit Monaten gezielt Stimmung gegen sexuelle Minderheiten gemacht worden sei. Religiöse und kulturelle Oberhäupter hätten „sehr viel Energie investiert, um ein bestimmtes Narrativ aufzubauen, das die Menschen aufgewühlt hat“, sagt die Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation HRAPF.

„Es ist den Menschen wieder und wieder erzählt worden, dass Homosexuelle nicht nur unmoralisch, sondern auch Vergewaltiger sind“, sagt Balya. „Die Menschen haben Angst um ihre Kinder, um sich selbst, sie sind besorgt und wütend.“ Ein Narrativ, das Hass geschürt hat: Seit der Verabschiedung des ersten Gesetzesentwurfs durch das Parlament im März haben gewaltsame Übergriffe und Verhaftungen Aktivisten und Menschenrechtlern zufolge stark zugenommen.

Wo genau die Ursprünge dieser Hetze liegen, ist Balya zufolge schwer zu sagen. Sie ist jedoch überzeugt, dass christliche Fundamentalisten aus den USA wie die Organisation „Family Watch International“ dazu beigetragen haben. Die Organisation steht für Homophobie und setzt sich für den „Schutz und die Förderung“ der „gottgegebenen natürlichen Familie“ ein und organisiert auch Konferenzen in afrikanischen Ländern. Balya spricht von einem „gut organisierten Netzwerk“, das nicht nur in Uganda, sondern in ganz Afrika versuche, Homophobie zu verbreiten.

Ugandas Präsident Yoweri Kaguta Museveni bei einem Besuch in Algerien (März 2023)
Ugandas Präsident Yoweri Kaguta Museveni bei einem Besuch in Algerien (März 2023)Imago / APAimages

Wie in vielen anderen afrikanischen Ländern wurden auch in Uganda Schwule, Lesben, bisexuelle und transidente Menschen bereits vor der Verabschiedung des neuen Gesetzes staatlich verfolgt. So sah die noch aus der britischen Kolonialzeit stammende Gesetzgebung lange Haftstrafen für gleichgeschlechtliche Handlungen vor.

Mit der Unterzeichnung des neuen Gesetzes ließ sich Museveni zunächst Zeit. Nachdem im März das Parlament das Anti-Homosexualitätsgesetz hatte, machte der Staatschef zunächst einige Änderungsvorschläge. Zuletzt sei die Unterschrift für ihn jedoch alternativlos gewesen, sagt Balya. Sie glaubt, dass die Bevölkerung eine Ablehnung des Gesetzes nicht verstanden hätte. Dafür sei die Hetze der vergangenen Monate zu wirksam gewesen.

Zudem habe es sich bei dem Gesetzesentwurf um einen Vorschlag aus dem Parlament gehandelt. Treffe der Präsident keine Entscheidung, könne gemäß der ugandischen Verfassung das Parlament das Gesetz mit einem Votum von zwei Dritteln der Abgeordneten in Kraft setzen. Eine Verabschiedung ohne Musevenis Zustimmung hätte kein gutes Bild abgegeben, sagt Balya. Hinzu kommt: Der seit 37 Jahren regierende Präsident nutzte in den vergangenen Wochen jede Gelegenheit, um selbst gegen sexuelle Minderheiten zu hetzen.

Letzte Chance vor Gericht

Selbst die drohenden Sanktionen der internationalen Gemeinschaft haben Museveni nicht von der Unterzeichnung abhalten. US-Außenminister Antony Blinken kündigte noch am Montagabend an, Visabeschränkungen unter anderem für ugandische Beamte zu prüfen. Auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, das Gesetze habe Auswirkungen auf die Arbeit internationaler Partner vor Ort, „die wir nun gemeinsam prüfen müssen“.

In Uganda hofft Steven Kabuye derweil darauf, dass das Gesetz doch noch von einem Gericht gekippt wird. „Der einzige Weg, der uns jetzt noch bleibt, ist vor Gericht zu gehen“, sagt der LGBT-Aktivist. Die Anwältin Balya ist überzeugt, dass das Regelwerk einer juristischen Prüfung nicht standhalten wird. „Die Frage ist, wie wir bis dahin sicherstellen können, dass die Menschen am Leben bleiben“, sagt sie.