Übersetz das mal!

Über den Predigttext zum 2. Sonntag nach Trinitatis: 1. Korinther 14,1-3.20-25

Predigttext (in Auszügen)
1 Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet! 2 Denn wer in Zungen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht ihn: im Geist redet er Geheimnisse. 3 Wer aber prophetisch redet, der redet zu Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung. 20 Liebe Brüder und Schwestern, seid nicht Kinder, wenn es ums Verstehen geht; sondern seid Kinder, wenn es um Bosheit geht; im Verstehen aber seid erwachsen. 21 Im Gesetz steht geschrieben: „Ich will in andern Zungen und mit andern Lippen reden zu diesem Volk, aber auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr.“ (…) 23 Wenn nun die ganze Gemeinde an einem Ort zusammenkäme und alle redeten in Zungen, es kämen aber Unkundige oder Ungläubige hinein, würden sie nicht sagen, ihr seid von Sinnen? 24 Wenn aber alle prophetisch redeten und es käme ein Ungläubiger oder Unkundiger hinein, der würde von allen überführt und von allen gerichtet; 25 was in seinem Herzen verborgen ist, würde offenbar, und so würde er niederfallen auf sein Angesicht, Gott anbeten und bekennen, dass Gott wahrhaftig unter euch ist.

Fallrückzieher“, „Abseits“, „4er-Kette“ – das sind die einzigen Worte, die ich verstehen kann, als mein Sohn mir wild gestikulierend die Ereignisse des vergangenen Fußballspiels erzählt. Mit seinen neun Jahren ist Fußball für ihn die Mitte seines Universums. Und ich weiß, dass ich mich ab dem 14. Juni noch auf viele solcher unverständlicher Ausführungen einstellen muss – denn dann beginnt die Fußballweltmeisterschaft. Aber Marcos Ausführungen sind für mich so unverständlich, als wenn ich mit ihm über die „Theodizee“ oder die „Eschatologie“ reden würde.
Wenn ich anderen etwas Wichtiges mitteilen möchte, dann muss ich das in einer Sprache tun, die sie verstehen. Dabei spielt nicht nur die richtige Landessprache eine wichtige Rolle, sondern ebenso die Sprach­ebene.
Christen und Christinnen haben eine missionarische Aufgabe, das heißt: Wir sollen anderen Menschen von Jesus Christus und von unserem himmlischen Vater erzählen. Dabei sollten wir Worte wählen, die nicht nur von „kirchlichen Insidern“ verstanden werden, sondern auch – und in unserer Zeit gerade – von den anderen; von denen, die eher selten mit Kirche und Glauben in Berührung gekommen sind. Wir sollten über unsere kirchlichen und gemeindlichen Grenzen hinausdenken – und andere Menschen einladen! In einer Zeit, in der unsere Kirchen immer leerer werden, ist das wichtiger denn je.
Wenn wir nur in unserer „Kirchen-Sprache“ sprechen – denn genau das meint Paulus mit „Zungenrede“ –, dann bleiben wir unter uns und werden immer weniger. Wenn wir verständlich – nach Paulus also „prophetisch“ – reden, dann tragen wir dazu bei, dass unsere Gemeinden wieder wachsen. „Dem Volk aufs Maul schauen“, hat Luther das etwas drastisch formuliert.  
Unser Glaube ist ein Schatz, den wir teilen sollen. Er hilft uns im alltäglichen Leben und kann so manche Last von uns nehmen, die wir allein nicht tragen können.
Je älter man wird, desto mehr erkennt man, dass im Leben nicht alles glatt läuft. Dass man unter besonderen Lebensumständen oder unter anderen Menschen gelitten hat, dass man manche Ungerechtigkeit erlebt hat… Aber wenn man ehrlich zu sich ist, dann merkt man auch, was man selbst falsch gemacht hat, wo man schuldig geworden ist. (Schuld sind eben nicht immer nur die anderen, sondern auch wir selbst.) Das ist belastend! Wie schön wäre es, frei zu sein – frei davon, anderen immer etwas nachzutragen, aber auch frei zu werden von der Last der eigenen Schuld. Im Glauben an Jesus Christus spricht uns Gott von all dem frei. Er lässt uns wieder frei atmen, wir können unser Leben neu beginnen. Ist das nicht wunderbar?
Die alten Worte „Sünde“ und „Vergebung“ in eine verständliche Sprache zu fassen, sie prophetisch zu verkünden – das ist eine besondere Kunst. Wo es gelingt, die alten Begriffe neu und zeitgemäß zu buchstabieren, da verstehen Menschen, dass die Zuwendung Gottes auch sie betrifft. Strebt nach der Liebe! sagt Paulus. Wenn andere durch unsere Verkündigung erkennen, mit welch liebevollem Blick Gott sie betrachtet – auch dann, wenn sie sich selbst nicht mehr im Spiegel ansehen können –, dann hat das Folgen für ihr Leben. Sie erfahren Befreiung und Ermutigung.
„Wie war das nochmal mit dem ,Abseits‘ und dem ,Fallrückzieher‘“, frage ich meinen Sohn. „Also, Mama, pass auf: Das ist so…“ Und dann erklärt er mir mit einfachen Worten diese Begriffe. Jetzt habe ich es verstanden und kann die Freude auf die kommende WM mit ihm teilen.