Über Nacht in der Kirche

Der traditionelle Kindergottesdienst hat offenbar ausgedient. Viele Gemeinden bieten jungen Christen andere Angebote – von Kinderkirche bis Bibeltagen. Das hat viele Vorteile.

Bei der Kinderkirchennacht in Arnis-Rabenkirchen hatten die jungen Teilnehmer viel Spaß
Bei der Kinderkirchennacht in Arnis-Rabenkirchen hatten die jungen Teilnehmer viel SpaßNadja Jöhnk

Altenholz / Bad Bramstedt. „Den klassischen Kindergottesdienst am Sonntag gibt es in den Gemeinden fast nicht mehr“, sagt Nadja Jöhnk. Sie ist Kindergottesdienstbeauftragte in der Propstei Angeln und lud ihre Kollegen aus der Region zu einem Konvent ein. Mit mehr als 30 Pastoren diskutierte sie die Frage „Welche Kirche brauchen Familien heute?“. Teilnehmer aus anderen Kirchenkreisen bestätigen ihren Eindruck, obwohl sie zu diesem Thema oftmals keine Statistiken haben.
Wie Jöhnk hätten die meisten der Kollegen die Erfahrung gemacht, dass Eltern oft den Gottesdienst nicht mehr besuchen oder sonntags mit den Kindern etwas unternehmen. Deshalb seien viele Geistliche dazu übergegangen, Kinderkirche unter der Woche oder sonnabends zu veranstalten. Das Modell komme gut an, weil es zudem Eltern entlaste. Auch die Kinderkirche findet oft nur noch bis zu zwei Mal im Monat statt.

Wichtig: die Eltern einbinden

„Es wird schwierig, Kinder und Jugendliche langfristig und regelmäßig zu binden“, beobachtet auch Pastor Ingo Gutzmann vom Regionalzentrum des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg. Für ihn ist das ein „Zug der Zeit“. Daher sei „projektbezogene Arbeit“ das Gebot der Stunde. Unter den Begriff fallen nicht nur unregelmäßige Kindergottesdienste, sondern auch Kinderbibeltage, Krippenspiele, Sommerfreizeiten oder eine Kinderkirchennacht. Letztere veranstaltet Jöhnk seit einigen Jahren in ihrer Kirchengemeinde Arnis-Rabenkirchen im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg. Zu einer solchen Kirchennacht gehören bei ihr eine Nachtwanderung, eine Andacht sowie gemeinsames Essen und Spielen. Die Gruppe wächst von Jahr zu Jahr.
Sowohl bei der Kinderkirchennacht als auch bei anderen Formaten gehe es darum, die Eltern am Ende einer Veranstaltung, und bevor sie ihre Kinder abholen, mit einzubeziehen, meint Jöhnk. Dafür biete sich die Abschlussandacht an. So sollen die Eltern niedrigschwellig die Möglichkeit bekommen, mit der frohen Botschaft in Kontakt zu kommen.

„Kirche mit Kindern“

Auch in Lütjenburg verfolgt man den gleichen Ansatz. Bei Pastorin Katharina Lohse findet „Kirche mit Kindern“ sonnabends statt. Auch in ihrer Kirchengemeinde in Lütjenburg geht der Trend hin zu Projekten. Bei ihr stehen neben der Kinderkirche Schulgottesdienste und Kindergartenandachten auf der Agenda.
In Bad Bramstedt hingegen ist Sonntag immer noch der Kindergottesdienst-Tag – aber nur neun Mal im Jahr. Dann bringen die meisten Eltern ihre Kinder und holen sie nach zwei Stunden wieder ab. Einige Eltern würden Kaffee im Gemeindehaus trinken, aber die wenigsten besuchen den Hauptgottesdienst, hat Pastorin Lisa Schwetasch beobachtet.

Abendmahl für kleine Christen

Die Kirchengemeinde Haddeby zeigt, dass man Kinderkirche ohne festen Sonntagstermin und mit nur sieben Veranstaltungen im Jahr zu einer Marke machen kann: Vor zehn Jahren startete Pastor Kai Hansen das Kindergottesdienst-Modell „Theolino“. Weil es nur ein paar Mal im Jahr stattfinde, gewinne es sogar an Attraktivität, meint er. 
An jedem der Freitagabende werden Bibelgeschichten gelesen und das Abendmahl gefeiert. Die Liturgie bricht Hansen kindgerecht hinunter. Das zieht Kinder an: „Alles unter 40 Teilnehmern ist enttäuschend für uns“, so Hansen. Für Ulrike Droste-Neuhaus vom Hamburger Institut „Kindergottesdienst der Nordkirche“ steht fest: „Es geht um Beziehungsarbeit. Das ist das Entscheidende, nicht die Regelmäßigkeit.“