Über die Freude an Gottesdiensten nach der Pandemie

Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, hält sich vor Augen, was ihm an Gottesdiensten besonders wichtig ist.

Christian Stäblein ist Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz
Christian Stäblein ist Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische OberlausitzMatthias Kauffmann

Hingucken. Bei den Gottesdiensten macht das jetzt wieder besonders Spaß, finde ich. Denn Corona ist vorbei. Nicht als Virus, das spüren wir immer mal wieder im Bekanntenkreis oder an uns selbst. Aber die Pandemie ist vorbei. Das bedeutet ein großes Aufatmen beim Gottes-dienst feiern, im wahrsten Sinne des Wortes. Singen, Durchatmen, noch mehr und richtig viel Singen. Das macht Spaß, tut gut. Ich betone das, weil wir es so schnell vergessen. Ich kneife mich manchmal kurz im Gottesdienst, denke: Vor zwei Jahren hast du dich danach ­gesehnt und nicht gewusst, wann es wieder so sein kann. Jetzt ist es so, Gott sei Dank.

In den Dienst nehmen lassen – ein Leben lang

Bei den Ordinationen, die wir in den letzten Wochen gefeiert haben, war das auch zu spüren. Eine junge Generation Pfarrerinnen und ­Pfarrer, die seit einigen Monaten schon in den Gemeinden ist. 23 Pfarrerinnen und Pfarrer haben wir in Nauen, in Cottbus und in Schöneberg im Mai für ihren Dienst gesegnet. Eine große Zahl also, eher ­ungewöhnlich im Konzert der ­Kirchen. Wir freuen uns. Drei ­kräftige Feste für etwas, was ja nicht selbstverständlich ist: Dass sich Menschen in den Dienst von Gottes Wort nehmen lassen, ein ­Leben lang. Und in den Dienst der Gemeinden, die sich auf sie freuen.

Kein Wochenende ohne

Für die Gottesdienste, die sie also vermutlich ihr Leben lang feiern werden, wünsche ich mir eine ­Perspektive, die sich in der Zeit der Pandemie nach vorne geschoben hat und die in vielen Gemeinden diskutiert worden ist: Die Perspektive, wie ich eigentlich wirklich Gottesdienst feiern will. Also nicht nur so, wie es schon immer war und ich deshalb vielleicht nie wirklich ­drüber nachgedacht habe. Wie ­feiere ich Gottesdienst so, dass ich jederzeit zu Freunden oder Bekannten sagen würde: Mensch, komm doch mal mit, Mensch, hast Du nicht Lust, nächsten Sonntag. Das bringt’s voll. Das ist so, dass ich ­eigentlich kein Wochenende ohne will.

Ich finde, das ist etwas sehr Entscheidendes: dass wir, die wir das mitverantworten, sagen können, dass uns das selber ganz wichtig ist und wir echt nicht ohne sein wollen. Ich höre nicht selten anderes: Da wird sich entschuldigt, dass das halt leider immer so und Sie müssen nicht denken, dass und es war keine Zeit die Tage und das und das ­wollen wir ändern aber. Alles ganz verständlich. Aber darf doch auf Dauer nichts sein, woran wir uns gewöhnen sollten. Nur was mir selber Spaß – oder besser: Erfüllung oder Tiefe oder Berührung oder … – bringt, dazu kann ich auch ein­laden. Ich vertraue, ja ich weiß, dass die jungen Pfarrerinnen und Pfarrer das, gerade das beherzigen.

Öffnet. Klingt. Gibt Kraft

Der ­Ordinationsgottesdienst in Nauen etwa war für mich so ein Gottesdienst: ein phänomenales Brass-Ensemble, dass die Kirche ins Swingen kam. Ein toller Empfang hinterher mit großer Kinderspielwiese im Gemeindehaus, mit frohen Gesichtern und ernsten Gesprächen. Und voll war es, so dass man das Gefühl hatte: Da muss man wohl dabei sein. Nicht anders in Cottbus. Und in Schöneberg. Kinderspiel, können Sie jetzt einwenden, sind ja auch große Feste. Stimmt natürlich. Aber elementar, dass wir das für den ­Alltag mitnehmen: Gottesdienste immer so, dass wir froh sind, wenn Menschen hingucken. Weil es Spaß macht. Gut tut. Schön ist. Das Leben trägt. Zusammenhält. Öffnet. Klingt. Klärt. Kraft gibt … – kann man gar nicht aufhören oder fällt einem ­immer mehr ein.