Über 2.000 Berliner auf Gedenkweg der Kirchen zu NS-Pogromen

Auf einem „stillen Gedenkweg“ haben am Donnerstagabend laut Polizeiangaben mehr als 2.000 Berlinerinnen und Berliner an die nationalsozialistischen Novemberpogrome von 1938 erinnert. Zum 85. Jahrestag der Verwüstung von Synagogen und Geschäften hatten dazu die beiden großen Kirchen und der Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) eingeladen.

Beim Auftakt am Schöneberger Winterfeldtplatz nannte der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch den Gedenkweg mit Blick auf die gegenwärtigen antisemitischen Vorfälle ein „Zeichen der Solidarität mit unseren jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn heute“. Er fügte hinzu: „Und er ist für mich auch ein Gebet um Frieden und Verständigung.“ Der Berliner Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) betonte, der 9. November 1938 sei eine Mahnung und Verpflichtung, sich gegen jede Form von Judenfeindlichkeit und Ausgrenzung zu stellen.

Bei einer Zwischenstation vor dem KZ-Denkmal auf dem Wittenbergplatz sprachen der Vorsitzende des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg, Hansjörg Günther, und der Rabbiner Yehuda Teichtal Gebete. Günther mahnte, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland nie mehr heimatlos fühlen dürften. Teichtal betete dafür, dass 240 jüdischen Geiseln der Hamas-Terrororganisation freikommen.

An der neuen „Grünfeld-Ecke“, einem am Mittwoch so benannten Platz am Kurfüstendamm, erinnerte HBB-Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen stellvertretend für alle Geschäftsleute, deren Läden bei den Pogromen zerstört und die teils misshandelt und ermordet wurden, an die jüdische Unternehmerfamilie Grünfeld. Busch-Petersen hob hervor, dass sich an den Plünderungen und Enteignungen weite Kreise der Bevölkerung beteiligt hätten.

Auf der 2,5 Kilometer langen Strecke des Gedenkwegs wiesen auch andere Teilnehmende mit Schildern auf einige der 120 Ladengeschäfte jüdischer Besitzer hin, die sich früher dort befanden. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung Felix Klein sagte, angesichts eines wiedererstarkten Antisemitismus seien die Novemberpogrome „präsenter denn je“.

Beim Abschluss der Veranstaltung in der Nähe des Jüdischen Gemeindehauses in Charlottenburg würdigte der Gemeindevorsitzende Gideon Joffe den Gedenkweg als eine „Botschaft der Zusammengehörigkeit“. Zu Bekundungen, dass sich die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht wiederholen dürften, sagte der evangelische Landesbischof Christian Stäblein: „Nie wieder ist jetzt!“ Er betonte: „Wer Jüdinnen und Juden angreift, greift uns an.“