Rund 39.000 Jahre alt ist der Meißel aus Elfenbein, den Archäologen der Universität Tübingen entdeckt haben. Es sei das “bislang größte altsteinzeitliche Werkzeug” aus den Ausgrabungsstätten auf der Schwäbischen Alb.
Tübinger Archäologen haben auf der Schwäbischen Alb ein Werkzeug aus der Altsteinzeit entdeckt. Der aus Mammutelfenbein gefertigte Meißel ist rund 39.000 Jahre alt, gut 24 Zentimeter lang, hat einen Maximalumfang von 10 Zentimetern und wiegt 168 Gramm, wie das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren in Baden-Württemberg am Donnerstag mitteilte.
Die Forscher hätten damit “das bislang größte rundum formbearbeitete Elfenbeingerät” aus der als Unesco-Welterbe anerkannten Höhle “Hohle Fels” geborgen. Die Höhle liegt nahe Schelklingen am Rande der Schwäbischen Alb. Es sei “das älteste derart massive Elfenbein-Werkzeug, das bislang in Zentraleuropa gefunden wurde”, erläuterte Forscherin Sibylle Wolf auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
“Der Fund ist datiert auf 39.000 Jahre vor heute und entspricht einem bedeutenden Beleg für die ungewöhnlich häufige und vielfältige Nutzung von Mammutelfenbein bei den ersten modernen Menschen im oberen Donauraum”, sagte Nicholas Conard von der Universität Tübingen. Der wissenschaftliche Direktor des Urgeschichtlichen Museums präsentierte den bereits 2024 ausgegrabenen Meißel am Donnerstag als Fund des Jahres der Öffentlichkeit. In dem Museum ist das Werkzeug nun bis 9. November zu sehen.
Das Forscherteam deutet das neue Objekt als ein großes Werkzeug, das in einen Meißel umgearbeitet worden sei. “Am Anfang der Jüngeren Altsteinzeit war Mammutelfenbein das bevorzugte Material für praktische Werkzeuge und Kunst”, erläuterte Conard. Schon bei Grabungen im Jahr 2019 seien drei Elfenbeinmeißel mit einer Länge zwischen 14 und 22 Zentimetern aus der gleichen Steinzeithöhle geborgen worden.
Vor dem Schnitzen von Kunst- oder Schmuckobjekten hätten die frühen Menschen kleinere Elfenbeinstücke aus dem Stoßzahn eines Mammuts gewinnen und häufig auch spalten müssen, erläuterte Wolf. Dazu seien keilförmige Elfenbeinwerkzeuge genutzt worden. “Dieser Werkstoff ist hart und flexibel genug.”
Die Steinzeitmenschen auf der Schwäbischen Alb hätten “über eine immense Menge an Elfenbein verfügt”, so Wolf. Und sie hätten die Fähigkeiten besessen, daraus etwas zu fertigen. “Sie haben Elfenbein geradezu exzessiv genutzt für Werkzeuge und Waffen, für figurative Kunst und Musikinstrumente sowie für persönliche Schmuckstücke.”
Das Museum sprach von einer “Elfenbeinindustrie, die die Menschen vor rund 40.000 Jahren auf der Alb betrieben”. Im Zeitalter des Mammutelfenbeins seien damals “die ersten anatomisch modernen Menschen” auf der Schwäbischen Alb angekommen.
Die Wissenschaftler haben in den Steinzeithöhlen der Schwäbischen Alb inzwischen mehr als 30 figürliche Kunstobjekte aus der Altsteinzeit entdeckt, darunter sind Darstellungen von Mammut, Otter, Wisent, Wildpferd, Höhlenlöwe und Höhlenbär sowie die berühmte Venus-Figur. Sie alle gehören laut Conard zu den ältesten Kunstwerken der Menschheitsgeschichte.