Balou und Mogli können es nicht abwarten: Michael Heiler öffnet das Tor zu seiner Trüffelplantage und die beiden Hunde stürzen schwanzwedelnd los. Der vier Jahre alte Golden Retriever Mogli schnüffelt bei einem Bäumchen, gräbt mit den Pfoten im Boden. Nach Sekunden liegt etwas frei, das wie ein Erdklumpen aussieht. „Ein Riesending von Trüffel“, freut sich Heiler, der in Waghäusel bei Karlsruhe drei Trüffelplantagen betreibt. „Ein Laie hätte keine Chance, sie zu finden.“ Gemeinsam mit seinen Hunden geht er regelmäßig auf die Suche nach den seltenen Edelpilzen.
„Trüffelfieber“ – so nennt der 52-jährige Inhaber seine Leidenschaft, im Hauptberuf ist er Eigentümer eines mittelständischen Heizung-Sanitär-Klima-Betriebs. Über Trüffel hat er auch ein Buch mit Geschichten und Rezepten verfasst und informiert auf einer Internetseite, Instagram und einem YouTube-Kanal. In jeder freien Minute ist er mit seinen Hunden auf der Jagd nach den wohlschmeckenden und teuren Pilzen, zurzeit nach dem heimischen Burgundertrüffel. „Das ist mein Garten Eden, mein Lebenstraum“, sagt der gläubige Christ, dem Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Insgesamt ein Hektar groß sind seine Plantagen mit Gehölzen, unter denen die edlen Pilze wachsen.
Heiler kocht gerne mit seiner Frau Yvonne, kreiert drei- bis viermal in der Woche Trüffelgerichte. Doch den Großteil der Pilze verkauft er im Nebenerwerb an regionale Restaurants oder verschickt sie an Privatkunden.
Trüffel-Anbauer – etwa im Ahrtal, in Frankreich und Italien – haben Heiler und seine Hunde für die Trüffelsuche bereits gebucht. „Die meisten haben keine qualifizierten Suchhunde“, sagt er. Diese könnten Trüffel im Boden auf eine Entfernung von 30 Metern riechen. Die Pilze wachsen unterirdisch, in einer Tiefe von einigen Zentimetern bis zu einem halben Meter.
Heiler hat Balou und Mogli selbst als Trüffelschnüffler ausgebildet: Finden sie ein Exemplar, gibt es einen Streifen Leberwurst aus der Tube zur Belohnung. „Das ist der Trick“, sagt Heiler.
Die Suche nach Trüffeln in Wald und Flur ist in Deutschland verboten, sie stehen unter Naturschutz. Päpste, Könige und Adlige machten den nussig schmeckenden Schlauchpilz im Mittelalter zu einer teuren Delikatesse, zuvor standen die häufig mit Schweinen aufgespürten Trüffel auf dem Speiseplan des armen Volkes. Bis heute ranken sich Mythen um die Gewächse aus der Unterwelt: Ihnen wird eine luststeigernde und gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt.
Immer mehr Liebhaber legten Trüffelplantagen an und könnten nun nach viel Arbeit ihre erste Ernte einfahren, erklärt der Deutsche Trüffelverband mit Sitz im südbadischen Schallstadt: „Der Trüffelanbau in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren erfolgreich etabliert.“ Rund 700 Personen bauten derzeit Trüffel auf insgesamt rund 800 Hektar Fläche an, berichtet Geschäftsführer Markus Mayer. Der Klimawandel begünstige den Anbau auch nicht-heimischer Trüffelarten. Waghäusel unweit des Rheins, wo Michael Heiler seine Trüffelplantage angelegt hat, gilt als „wärmster Ort Deutschlands“.
Unter Haselnusssträuchern oder niedrigen Hainbuchen und Eichen können die Trüffel verborgen sein, sie leben mit diesen in Symbiose. Trüffelsucher Heiler hat den Boden um seine mehr als 400 Gehölze mit einem Substrat aus Trüffelsporen „geimpft“, auch hat er einzelne Trüffel-Pilze eingegraben. Daraus soll sich ein Pilz-Geflecht (Mycel) entwickeln. Fünf bis zehn Jahre dauert es, bis daraus ein Fruchtkörper – der Trüffel – wächst.
Mit der Spürnase seiner beiden Golden Retriever gelingt Heiler fast das ganze Jahr über eine gute Ernte. An diesem Tag haben der übermütige Mogli und der altersruhige, zwölfjährige Balou etwa zehn Trüffel ausgebuddelt: Der kleinste ist nur kirschgroß, der größte hat fast das Ausmaß einer Kiwi. Ein Kilogramm Trüffel könne bei einer guten Suche zusammenkommen, sagt Heiler. Zehn Gramm Burgundertrüffel mit ihrer braun-weißen, nach Butter riechenden Fruchtmasse benötige man etwa pro Person für ein Essen. Kostenpunkt: fünf Euro. Besonders mag der Hobbykoch Rinderfilet und Krustentiere mit geriebenem Trüffel – oder auch Pizza.
Auf einem Acker, den er von der katholischen Kirche gepachtet hat, baut Heiler seit kurzem den Weißen Alba an, einen Trüffel, der zu den teuersten Lebensmitteln der Welt zählt. Dort hat er auch eine große Christus-Statue aufgestellt. Im Spätjahr hofft er, die erste Ernte einzuholen. „Diese ist vom lieben Gott und seinem Wetter abhängig“, sagt er.
Mehr als 100.000 Euro hat Heiler insgesamt in seine bewässerten Plantagen investiert. Er entnimmt dem Boden nur Trüffel, wenn er sie braucht, schließt danach die Löcher und achtet darauf, kein Wurzelgeflecht auszureißen. „Unsere größte Aufgabe ist es, die Schöpfung zu bewahren.“