Trotz Missbrauchs-Verdacht: Landeskirche muss Pfarrperson wieder einstellen

Die Landeskirche Hannovers muss eine Pfarrperson wieder einstellen, gegen die ein Missbrauchsverdacht besteht. So will es das Landesarbeitsgericht Niedersachsen.

Kirchenkritiker fordern konsequentes Handeln bei Missbrauchsfällen. Doch nicht immer führt das zum erhofften Ergebnis.
Kirchenkritiker fordern konsequentes Handeln bei Missbrauchsfällen. Doch nicht immer führt das zum erhofften Ergebnis.epd-bild/Jens Schulze

Für die Landeskirche Hannovers ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen ein schwerer Schlag. Sie muss eine Pfarrperson wieder einstellen, die sie erst vor rund einem Jahr wegen des Verdachts auf Missbrauch entlassen hatte. „Aus unserer Sicht machen die vorliegenden Vorwürfe eine Tätigkeit als Pfarrperson nicht möglich“, sagt Kirchensprecher Benjamin Simon-Hinkelmann. Doch die Landeskirche unterliege staatlichem Arbeitsrecht und müsse sich dem Urteil beugen, betont Simon-Hinkelmann.

Und so kommt es, dass die Landeskirche Hannovers jetzt eine Pfarrperson weiterbeschäftigen muss, über der ein fürchterlicher Verdacht schwebt.

Verdacht auf Grenzüberschreitung nicht ausgeräumt

Erst am 1. März vergangenen Jahres hatte die Landeskirche Hannovers der Pfarrperson der Kirchengemeinde eine fristlose Kündigung ausgesprochen und damit auf Hinweise reagiert, die ihr erst wenige Wochen zuvor bekannt geworden seien, betont Simon-Hinkelmann. Grund für das innerkirchliche arbeitsrechtliche Verfahren und die daraus folgende Entlassung war der dringende „Verdacht auf Grenzüberschreitungen gegenüber einem Jugendlichen, die als sexualisierte Gewalt zu bewerten sind“. Die Hinweise hätten sich auf einen länger zurückliegenden Zeitraum bezogen, in dem die Person zwar in der Kirche gearbeitet habe, jedoch damals noch nicht als Pfarrperson.

„Die Grundsätze der Landeskirche für Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt vertreten eine Null-Toleranz-Linie gegenüber sexualisierter Gewalt“, begründet Simon-Hinkelmann das konsequente Vorgehen der Landeskirche, die wegen ihrer teilweise schleppenden Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Kritik ist.

Landeskirche muss eine geeignete Aufgabe finden

Im zurückliegenden Jahr ist der Pfarrperson nun allerdings keine Schuld nachgewiesen worden. Das Landeskirchenamt hatte die ihr vorliegenden Hinweise zwar der Staatsanwaltschaft übergeben, doch die hat keine Ermittlungen eingeleitet – weil die mögliche Tat bereits verjährt gewesen sei, hieß es. Und so ging es in dem Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht auch nicht um die Vorwürfe an sich, sondern um die grundsätzliche Frage, ob eine mögliche Grenzüberschreitung, die länger zurückliegt und in einem anderen Beruf geschehen ist, einer Weiterbeschäftigung als Pfarrperson entgegensteht. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen sieht offensichtlich kein Problem.

Für die Landeskirche ist das Urteil, gegen das keine Revision eingelegt werden kann, nun allerdings bitter. Denn sie muss jetzt eine geeignete Aufgabe für die Pfarrperson finden. „Wir suchen eine Tätigkeit im pastoralen Dienst, die nicht den Dienst in einer Kirchengemeinde umfassen wird. Gleiches gilt für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“, so Kirchensprecher Simon-Hinkelmann.