Trost und Wahrheit: Pfingstwort von Kristina Kühnbaum-Schmidt

Im Garten von Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt blühen jetzt große Pfingstrosen. Die Blumen verbinden sie mit geliebten Menschen. Ein Gastbeitrag zu Pfingsten.

Zu Pfingsten blühen die Rosen
Zu Pfingsten blühen die RosenImago / Xinhua

Pfingstlich sieht es vor meinem Fenster aus. Sieben prächtig blühende Pfingstrosen haben wir während der fünf Jahre, die wir jetzt im Bischofshaus in Schwerin leben, versammelt. Blüten in leuchtendem Rot, der liturgischen Farbe des Heiligen Geistes, sind ebenso dabei wie zartes Rosé und Weiß. Ich liebe diese sieben Pfingstrosen, ihre üppige Blütenfülle, ihren wunderbaren Duft. Zwei von ihnen erinnern mich an mein Zuhause: Sie stammen aus den Gärten meiner Eltern und Schwiegereltern in Niedersachsen und haben in Schwerin gut Wurzeln geschlagen.

Vielleicht kennen Sie das: Mit Menschen, die uns sehr nah waren oder sind, verbinden uns oftmals bestimmte Dinge. Manche klein und unscheinbar wie eine Murmel. Andere leuchtend schön wie die Pfingstrosen in unserem Garten. Sie verbinden uns mit diesen Menschen, auch wenn sie selbst nicht oder nicht mehr da sind. Sie helfen uns über Trennungen und Abschiede hinweg. In ihnen liegt ein Trost verborgen, der schwer in Worte zu fassen ist. Denn über ihre bloße Gegenständlichkeit hinaus verweisen sie uns in Räume und Zeiten, in denen Abwesende für uns anwesend sind.

Worte, die zeigen, was verkehrt ist in dieser Welt

Auch Jesus wusste darum, wie wichtig ein solcher Trost für die Zeit ist, in der die Menschen ohne unmittelbaren Kontakt mit ihm leben würden. Deshalb hat er versprochen, einen Tröster zu senden – den Heiligen Geist: „Wenn ich gehe, will ich ihn zu euch senden.“ (Johannes 16, 7b) Gottes Heiliger Geist soll weiterhin mit Christus verbinden. Soll erfahrbar machen, dass er anwesend, präsent ist. Die Kraft des Heiligen Geistes Gottes wirkt darauf hin und beseelt Menschen, sich an der Botschaft Jesu zu orientieren. Seit zwei Jahrtausenden stärkt sie Menschen im Glauben an Gottes Gegenwart und verbindet sie zur weltweiten Kirche. Und sie ist mit einer weiteren großen Aufgabe betraut – sie wird „der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht“. (Johannes 16, 8)

Unsere Autorin Kristina Kühnbaum-Schmidt ist Landesbischöfin der Nordkirche
Unsere Autorin Kristina Kühnbaum-Schmidt ist Landesbischöfin der NordkircheSusanne Hübner

Sünde, Gerechtigkeit, Gericht – große, gewichtige Worte. Sie verweisen darauf, was verkehrt ist in dieser Welt, was zu Recht gebraucht und zum Guten gewendet werden muss. Die Gabe des Heiligen Geistes soll helfen, das besser zu verstehen. Und sie soll helfen zu unterscheiden – zwischen dem, was Sünde ist und was nicht, zwischen dem, was Gerechtigkeit ist und was nicht. Gottes Heiliger Geist kann uns helfen zu verstehen, wem unser Leben wirklich gehört, welchen Mächten wir uns unterstellen und welchen nicht. Deshalb wird der Heilige Geist auch der Geist der Wahrheit genannt.

Kosten-Nutzen-Abwägungen beiseite lassen

Von diesem Geist erfasst und beflügelt zu werden, kann unbequem sein. Denn er lässt uns nicht einfach unseren Frieden machen mit dem, wie es in unserer Welt zugeht. Sondern der Heilige Geist ermutigt uns, zu erkennen und zu benennen, was Sünde, Ungerechtigkeit oder Anmaßung ist. Bei uns selbst, in unserer Gesellschaft, in unserer Kirche.

Sünde zerstört Leben. Sünde erkennt die Grenzen unserer Geschöpflichkeit nicht an. Sie setzt sich selbst an Gottes Stelle, meint, über Leben und Tod selbstherrlich entscheiden zu können. Sünde sieht Menschen nicht als zu achtende Geschöpfe Gottes, sondern als Mittel für Zwecke, die nichts mit Gott und seiner Liebe zu allen Menschen zu tun haben. Wo ein solcher, ein sündiger Umgang mit Menschen vor Augen steht, gilt es, ihn beim Namen zu nennen und nicht zu dulden. Wer vor der Sünde nicht die Augen verschließt, wird durch Gottes Heiligen Geist auch deutliche Worte und klare Wege finden, wenn es um Gerechtigkeit geht.

Denn sich an Gottes Gerechtigkeit zu orientieren, heißt, barmherzig zu sein. Es heißt, zuweilen penible Kosten-Nutzen-Abwägungen beiseitezulassen und mehr zu geben, als unbedingt nötig oder notwendig erscheint. Weil Gottes Gerechtigkeit keine ökonomische Kalkulation ist, sondern Schenken und Verschenken aus der Fülle seiner Liebe. Einer Fülle, die das Leben wachsen und aufblühen lässt.

Trost und Wahrheit sind eng miteinander verbunden

„Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten.“ (Johannes 16, 13) Mich berührt sehr, dass im Heiligen Geist Trost und Wahrheit eng miteinander verbunden sind. Beide stärken auf dem Weg zu einem Leben, das von Gottes Liebe und Barmherzigkeit, von seinem Frieden und seiner Gerechtigkeit bestimmt ist. Und durch beide lässt der Heilige Geist kraftvoll wie eine leuchtende Pfingstrose in uns aufblühen, was Leben spendet, schafft und bestärkt. Gesegnete, geist-erfüllte und frohe Pfingsten!

Unsere Autorin
Kristina Kühnbaum-Schmidt ist Landesbischöfin der Nordkirche.