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Tradwives und Co. – Expertin warnt vor Online-Idealbildern

Retro-Romantik kann zur trügerischen Illusion einer heilen Welt werden. Tradwives inszenieren online ein Rollenbild, das politisch aufgeladen ist. Eine Expertin warnt vor der potenziellen Wirkung auf junge Menschen.

Mit Medienkompetenz gegen abseitige Internet-Hypes: Dafür spricht sich die Religionswissenschaftlerin Verena Eberhardt aus. “Die Tradwives-Bewegung hat sich auf der ganzen Welt verbreitet, obwohl sie aus einem sehr spezifischen Kontext stammt, nämlich aus rechtslastigen Kreisen in den USA”, sagte Eberhardt am Wochenende in Siegburg. Sie äußerte sich bei der Bundesdelegiertenversammlung des Familienbundes der Katholiken, die am Sonntag zu Ende geht.

Es komme bei solchen Trends auf die Fähigkeit zur kritischen Reflektion an, mahnte die Forscherin. Dazu zähle etwa das Wissen darum, dass es sich bei Tradwives meist nicht einfach um Frauen handle, die ein traditionelles Rollenbild leben wollten – sondern die mit der Vermarktung dieses Lebensmodells auf Social Media Geld verdienten.

Die Wortschöpfung “Tradwife” steht für Frauen, die sich selbst als traditionelle Hausfrau und Mutter betrachten und dies oftmals online inszenieren. Dabei würden auch frühere Zeiten romantisiert, beispielsweise die 1950er Jahre, sagte Eberhardt. Das Thema finde inzwischen viel Aufmerksamkeit in den klassischen Medien, da es in der heutigen Zeit eher untypisch erscheine.

Ebenso würden auf Instagram und Co. – auch jenseits der Tradwives-Bewegung – vielfach Idealbilder von Familie, Mutterschaft und Kindheit propagiert. “Heutige Fotos, die in aufwändigen Sessions entstehen, werden geteilt – das ist der Unterschied zu früheren Familienporträts”, erklärte die Expertin.

Zugleich nähmen es immer mehr Menschen als Herausforderungen wahr, eine Familie am Laufen zu halten. “Auch durch größere räumliche Distanzen zwischen den Generationen steigt der Bedarf an Beratung, Ratgebern und Familien-Coachings”, sagte Eberhardt. Jüngere Erwachsene schilderten zudem immer häufiger Schwierigkeiten, überhaupt einen Partner bzw. eine Partnerin zu finden, um eine stabile Beziehung und möglicherweise eine Familie aufzubauen.