Theologe: Verschwörungsglaube verbindet sich mit Esoterik
Verschwörungsglaube und rechte Esoterik sind nach den Worten des Weltanschauungsexperten Matthias Pöhlmann eine „Allianz des Misstrauens“ eingegangen. Auf Esoterik-Messen liege ganz selbstverständlich rechtsextreme Literatur aus, sagte der Sekten- und Weltanschauungsbeauftragte der evangelischen Landeskirche Bayerns am Montag in Frankfurt am Main. Verschwörungsglaube nehme bei Anhängern die „Rolle einer Ersatzreligion“ ein und werde verknüpft mit einer Sündenbocktheorie: „Verschwörungsglaube fordert Opfer“, sagte Pöhlmann auf einem Fachtag der Evangelischen Akademie Frankfurt.
Ausgangspunkt bei Anhängern sei die Annahme, mächtige, böswillige Drahtzieher würden aus dem Verborgenen heraus einen Plan verfolgen und darüber die Öffentlichkeit massiv täuschen. Dagegen biete die Esoterik ein höheres, umfassendes Wissen, das sich nur Eingeweihten erschließe. Verschwörungsgläubige Netzwerke, die sich mit der Reichsbürgerszene überlappten, nutzten Esoterik als Möglichkeit für die Verbreitung von Feindbildern, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, antidemokratischem Denken und Gewaltfantasien, sagte Pöhlmann. Zu diesen Allianzen gehörten etwa Jürgen Elsässer und sein Compact-Magazin, Ivo Sasek mit kla.tv, der Autor Jan Udo Holey mit seinem Pseudonym Jan van Helsing oder die Anastasia-Bewegung.
Durch die Corona-Pandemie sei vieles sichtbarer geworden, was schon vorher da war, erläuterte Pöhlmann. Den Kontrollverlust über den Alltag als Folge der Corona-Einschränkungen hätten manche als existenzielle Verunsicherung und Gefährdung erfahren. Es gebe eine Sehnsucht nach einfachen Antworten und Deutungen. Aus der Annahme, es müsse ein Plan hinter der Pandemie stehen, erwüchsen Feindbilder, die eine Herausforderung für Demokratie seien. Gefährlich würden Überzeugungen, wenn sich Verschwörungsglaube mit Hass verbinde und Gewalt als legitimes Mittel angesehen werde.
Hinter einem Verschwörungsglauben stünden auch Enttäuschungen, Ängste und Krisenerfahrungen, sagte der evangelische Referent für Weltanschauungsfragen im Frankfurter Zentrum Oekumene, Oliver Koch. Einfache Antworten auf komplizierte Lebensfragen entlasteten. Die Anhänger seien rationalen Argumenten schwer zugänglich. Es brauche menschliche Kontakte, um einen Zugang zu finden. Dies bestätigte die Pfarrerin Aline Seidel von der Hessischen Stipendiatenanstalt in Marburg. Man könne Menschen zum Nachdenken bringen, wenn man von eigenen, anderen Erfahrungen und Emotionen erzähle und auf Widersprüche in Verschwörungserzählungen mit Fragen aufmerksam mache, sagte sie.