Theologe Schlüter: Kirche muss wegkommen von großer Behörde
Die Evangelische Kirche von Westfalen steht vor massiven Einsparungen in der kirchlichen Arbeit. Das gelte sowohl für die Landeskirche als auch für Kirchen und Gemeinden, sagte der Theologische Vizepräsident Ulf Schlüter am Mittwoch in Bielefeld. Das Landeskirchenamt als zentrale Verwaltung müsse deutlich zurückgebaut werden. „Wir werden wegkommen müssen von dem alten Bild einer großen Behörde, sozusagen ein Ministerium für die Kirche.“ In fünf Jahren müsse es in der viertgrößten deutschen Landeskirche mit rund 1,9 Millionen Mitgliedern deutlich weniger als die bisherigen rund 500 Körperschaften geben.
Organisationsstrukturen müssten möglichst schlank und effizient sein, betonte der 63-Jährige, der seit dem Rücktritt der früheren Präses Annette Kurschus kommissarisch an der Spitze der westfälischen Kirche steht. Auch die drei Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen müssten „sehr, sehr intensiv kooperieren und nicht mehr drei Großbehörden übers Land verteilt“ unterhalten. Wenn es nach ihm ginge, sollte es zudem bundesweit weniger Landeskirchen geben, sagte Schlüter: „Wenn wir in zehn Jahren noch 20 Landeskirchen haben, dann haben wir wirklich sehr viel falsch gemacht.“
Angesichts der kirchlichen Finanznöte forderte Schlüter eine bessere Finanzierung von Kindertagesstätten und warnte vor Schließungen. „Das Kibiz ist keine tragfähige Finanzierungsstruktur für den Kitabereich“, sagte er mit Blick auf das Kinderbildungsgesetz NRW. „Das Ganze funktioniert im Moment nur durch die freiwilligen Zuschüsse der Kommunen. Davon müssen wir wegkommen.“
Der gesetzlich vorgesehene Trägeranteil und Kosten durch Gebäude und Investitionen stelle die Kirchenkreise vor große Probleme, „da geht es um viele Millionen“, erklärte der Theologe. „Wenn wir nicht mit den öffentlichen Stellen zu besseren, tragfähigen Finanzierungs- und Organisationslösungen kommen, befürchte ich, dass Kirchenkreise Gruppen abbauen und Einrichtungen schließen oder übertragen.“ Das wäre vor allem im ländlichen Bereich fatal, weil die großen Kirchen dort oft die einzigen seien, die noch eine Kita-Struktur anbieten.
Die nordrhein-westfälische Familienministerin Josefine Paul (Grüne) hatte zuvor in einem Videogrußwort an die Synode der westfälischen Kirche ebenfalls auf gestiegene Kosten verwiesen. Zudem gebe es eine so hohe Nachfrage nach Kita-Plätzen wie noch nie.