Theologe Halik: “Durst nach Spiritualität” erfordert Begleitung

Esoterik, Magie, Okkultismus: Menschen suchen nach Spiritualität, finden sie aber oft nicht bei der Kirche. Der Theologe Halik fordert nun die verstärkte Ausbildung auch von katholischen Laien als geistliche Begleiter.

Der tschechische Theologe und katholische Priester Tomas Halik (76) sieht einen wachsenden Bedarf an geistlicher Begleitung. “Viele Menschen brauchen dringend geistliche Begleitung, Hilfe, um sich in einer immer komplizierteren und sich rasch verändernden Welt zurechtzufinden”, schreibt Halik in der Zeitschrift “Herder Korrespondenz” (Oktober-Ausgabe).

Lange Zeit habe die Kirche die katholische Lehre und Moral betont und die Spiritualität “fatal unterschätzt”, betonte Halik wenige Tage vor den Beratungen der Weltsynode. Das Interesse an Spiritualität sei in der Geschichte der Kirche jedoch “immer wieder explodiert, vor allem in Krisenzeiten kirchlicher Institutionen” und habe manchmal Reformbewegungen genährt, wie die Reformation im 16. Jahrhundert.

In der Gegenwart habe der “Markt für religiöse Waren” auf den “Durst nach Spiritualität” bereits vor der Kirche reagiert. “Er hat unsere Welt mit einem reichen Angebot an Esoterik, Magie, Okkultismus, billigen Imitationen orientalischer Spiritualitäten und alter heidnischer Kulte überschwemmt.”

Manche Menschen suchten derzeit geistliche Begleitung “bewusst oder unbewusst” in der Beichte, bei Psychologen oder Psychiatern, oft aber vergeblich. Halik hält es deshalb für “notwendig, die Zahl der theologischen Fakultäten und anderer Bildungseinrichtungen, die qualitativ hochwertige Kurse für die Ausbildung von Laien für die geistliche Begleitung anbieten, zu erhöhen”. Er fügte hinzu: “Die Betonung der Qualität der Ausbildung und der sorgfältigen Auswahl der Kandidaten ist in diesen Zeiten des großen Durstes nach Spiritualität, der leider auch eine Vielzahl von pathologischen Formen der Spiritualität mit sich bringt, besonders dringend.”

Geistliche Begleitung erfordere neben Charisma, Erfahrung und entsprechenden persönlichen Eigenschaften eine Ausbildung in theologischen Disziplinen und in Sozialwissenschaften, vor allem in Psychologie, betonte Halik, der auch Soziologe ist. Zugleich könne “nicht erwartet werden, dass jeder geweihte Amtsträger die notwendigen persönlichen Charismen besitzt, um diesen Dienst gut auszuüben”. Es müsse auch bedacht werden, “dass die Zahl der Priester in weiten Teilen der Welt weiter drastisch zurückgehen wird, wenn nicht bald größere Veränderungen in der Praxis der Auswahl, der Ausbildung und des Arbeitsstils vorgenommen werden”.