Artikel teilen:

Theater für junge Leute: Vier Tickets zum Preis von einem

Eine Person zahlt eine Eintrittskarte – und drei weitere kommen kostenlos mit. Auf diesen kurzen Nenner lässt sich das Angebot bringen, das in diesem Theatersommer in Kreuzlingen im Schweizer Kanton Thurgau Premiere hat. Das Leitungstrio des dortigen See-Burgtheaters möchte die Hemmschwelle zum Theater senken: „Wenn man weiß, was man kriegt, gibt man das Geld gerne aus“, ist Intendant und Regisseur Giuseppe Spina überzeugt.

Die Idee hat er seit Jahren ausgeheckt. Anlass ist sein Engagement an einem Operettentheater in der Innerschweiz. Dort gibt es viele ältere Zuschauerinnen und Zuschauer, von denen jedes Jahr zwei Prozent versterben – und neue kommen nicht ausreichend nach. Also muss man sich heute um den Nachwuchs kümmern, wie er findet.

So starten Spina und seine Co-Intendanten Simon Engeli und Rahel Wohlgensinger ein Angebot für unter 30-Jährige: „Vier gewinnt“, heißt es. Eine tolle Geburtstagseinladung für die besten Freunde könnte es sein. Oder die Vierergruppe teilt sich den Preis von 49 oder 55 Schweizer Franken (52 oder 59 Euro) einfach auf. Die Universitätsstadt Konstanz liegt in Sicht- und Fahrraddistanz von der Kreuzlinger Seebühne entfernt, da gibt es reichlich Publikum zur Ergänzung der eingeschworenen Fangemeinde.

Das diesjährige Stück „Honig im Kopf“ umspannt Generationen: Ein Roadmovie um den an Alzheimer erkrankten Amandus und seine Enkelin Tilda, die den Opa vor dem Heim bewahren möchte. So büxen die beiden aus, meistern Gefahren und Hindernisse, und sie treffen beherzte Menschen, die ihnen weiterhelfen. Ihr Ziel ist Venedig, wie im gleichnamigen Film von Til Schweiger, mit einem Drehbuch von Hilly Martinek. Die Bühnenfassung stammt von Florian Battermann.

„Das Stück hat sehr authentische Momente“, sagt Regisseur Spina. Er kann das beurteilen, denn sein Vater leidet seit fünf Jahren an Alzheimer – und lebt seit einem Jahr in einer spezialisierten Einrichtung. Die Erkrankung betreffe sehr viele Menschen, so Spina, da das ganze Umfeld der Betroffenen einbezogen sei. „Wir versuchen, einen Weg zu zeigen, wie man damit umgehen könnte. Solange die Beziehung besteht, ist da etwas, das zusammen hält.“

Bei der Aktion „Vier gewinnt“, die auch in den folgenden Jahren weiterlaufen soll, sind pro Aufführung jeweils zwei Viererrunden eingeplant. Wenn mehr als zwei Viererrunden kommen wollen, geht es an dem Tag leider nicht mehr. Somit verschenken die Intendanten sechs Tickets pro Aufführung, bei 320 Zuschauern, die auf der überdachten Tribüne Platz finden. 40 Prozent der Ausgaben sollen wieder eingespielt werden, so die Vorgaben. Wie wird das gegenfinanziert? „Gar nicht“, sagt Spina. „Das ist unsere Investition in die Zukunft.“ (1661/09.07.2025)