Taubblinde fordern Zugang zu Sozialberatung
Wer nichts oder kaum etwas hören und sehen kann, hat es schwer in der Gesellschaft. Bundesweit gibt rund 10.000 taubblinde Menschen. Sie fordern nun mehr Teilhabe und auf sie ausgerichtete Beratungsangebote.
Menschen mit Taubblindheit beklagen “beträchtliche Barrieren” beim Zugang zu Sozialberatung und Mobilität im Alltag. In einem Gespräch mit der Behindertenbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Simone Fischer, forderten sie deutliche Verbesserungen ihrer Lage und für sie zugängliche Beratungsangebote, wie Fischer am Mittwoch in Stuttgart mitteilte.
Benjamin Gutwein, Vorstandsmitglied des deutschlandweiten Taubblindenverbands, sagte in einem Video des Gesprächs mit Fischer: “Taubblinde Menschen und hör- und sehbehinderte Menschen können nicht in eine reguläre Sozialberatungsstelle gehen.” Sie bräuchten spezielle Beratungs- und Unterstützungsangebote in taktiler Gebärdensprache – bei der die taubblinde Person ihre Hände auf die Hände des gebärdenden Gesprächspartners legt, um so die Form und Bewegung der Gebärden zu fühlen. “Wenn dies nicht gegeben ist, kann keine Kommunikation stattfinden”, so Gutwein.
Er forderte den Zugang zu sozialen Diensten und Beratungen, die auf die Lebenssituation von taubblinden Menschen ausgerichtet seien. Es gehe um Beratung zu Rehabilitation, Bildung, Arbeit, Wohnen, Freizeit und Kommunikation. Betroffene Menschen benötigten auch Informationen zu ihren Rechten, Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen und Hilfsmitteln sowie zu Fachärzten oder Therapeuten.
Fischer hält Fort- und Weiterbildungen in Bezug auf die Situation taubblinder und hörsehbehinderter Menschen in sozialen Diensten, Ämtern und Behörden für nötig, “damit dort angemessen beraten werden kann”. Durch die bisher bestehenden Barrieren werde der Rechts- und Teilhabeanspruch dieser Menschen “vielfach nicht erfüllt und das selbstverständliche Miteinander in der Gesellschaft erschwert”.
Von Taubblindheit spricht man nicht nur bei einem kompletten Ausfall des Hör- und Sehvermögens; viel häufiger ist eine Kombination von starken Hör- und Sehschädigungen. Bundesweit gibt es den Angaben zufolge rund 10.000 taubblinde Menschen, davon sind etwa 1.000 Personen von Geburt an taubblind. In Baden-Württemberg leben Schätzungen zufolge rund 625 taubblinde und hörsehbehinderte Menschen. Das Merkmal werde bisher statistisch nicht erhoben.