Seit der Hochzeit von Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) und seiner Partnerin Franca Lehfeldt vor drei Jahren wird die evangelische Kirche St. Severin in Keitum auf Sylt oft als „Promikirche“ bezeichnet. „Das ist aber Quatsch“, sagte die Keitumer Pastorin Susanne Zingel jetzt in einem gemeinsamen Interview mit dem Gemeindemanager Elmar Kruse auf der Internetplattform evangelisch.de.
Der große Aufreger an Lindners Hochzeit sei gewesen, dass er nicht Mitglied in der Kirche war. Die St. Severin-Gemeinde habe sich aber dazu entscheiden, eine gastfreundliche Gemeinde zu sein. „Hier sind auch mal Prominente dabei – so wie auf der ganzen Insel eben“, sagte Zingel. Gleichzeitig mache die Gemeinde auch „ganz viel für ganz normale Menschen“.
Ein Jahr lang sei die Gemeinde auch Kirchenasyl gewesen. „Statt zwei Kinder hatte ich plötzlich drei, ein minderjähriger afghanischer Flüchtling kam dazu. Das war schon eine Herausforderung“, erinnerte sich die Pastorin.
Gastfreundschaft heißt nach Angaben von Elmar Kruse für die Gemeinde, die Tür aufzumachen. „Und wir erschrecken nicht, wenn jemand was von uns will – wir freuen uns“, sagte der Gemeindemanager, der seit 15 Jahren auf der Insel lebt.
St. Severin sei Feriengemeinde und einheimische Gemeinde gleichermaßen. „Wobei das Wort ‘Einheimische’ auch schwierig ist – viele, die heute als Einheimische gelten, waren früher auch Gäste“, erklärte Kruse. Wer damit nicht umgehen könne, dass ständig fremde Menschen zu Besuch seien, sei auf Sylt wirklich falsch. „Jede Woche kommen neue Leute mit neuen Geschichten. Wenn man sich darauf einlässt und mit ihnen in Kontakt geht, dann kriegt man immer wieder tolle Impulse.“
Susanne Zingel ist seit 20 Jahren Pastorin auf Sylt. Ihre Arbeit in St. Severin sehe vielleicht oberflächlich aus, das sei sie aber nicht. Mit den meisten Menschen dort habe sie schon gemeinsam auf dem Friedhof gestanden. „Wie bei einem Schiff sieht man den Tiefgang nicht – aber er ist da“, erklärte sie. Und eine lebendige Gemeinde sei eben wie ein Kirchenschiff mit Tiefgang.