SWR-Intendant bekennt sich zu weitreichenden Reformen

SWR-Intendant Kai Gniffke hat sich für weitreichende Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgesprochen, bei denen dessen föderaler Charakter aber erhalten bleiben müsse. „Ich verfluche jeden Tag fünfmal den Föderalismus, aber am Ende des Tages bin ich froh, dass es ihn gibt“, sagte er am Donnerstag bei einer Expertenanhörung im Medienausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags in Mainz. Die Forderung des Zukunftsrats für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach einer zentralen ARD-Anstalt sehe er gerade angesichts der Entwicklung in anderen europäischen Ländern skeptisch.

So bestimme in Italien die Ministerpräsidentin, wer Chefredakteur der Rundfunkanstalt Rai werde, und in Großbritannien sei zu beobachten, wie die BBC „kurz und klein gehauen“ werde. Die föderalen Strukturen der ARD-Sender seien „Garant für unsere Unabhängigkeit“.

Gniffke versicherte, die Verantwortlichen seien sich bewusst, dass es erhebliche Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben müsse. Er versprach zeitnahe Beschlüsse für weitere Kooperationen innerhalb der ARD-Gemeinschaft bei den Hörfunkwellen und der Herausbildung inhaltlicher Schwerpunkte.

Beim Versuch, neue Publikumsgruppen zu erreichen, werde es auch Rückschläge geben, räumte Gniffke ein: „Wir werden es uns manchmal auch erlauben zu scheitern.“ Beispielhaft nannte der Intendant die Anfang der Woche bekanntgegebene Trennung des SWR von Helen Fares wegen antiisraelischer Äußerungen der Moderatorin. Der Sender habe sich bei der Zusammenarbeit für das von Fares moderierte Format „Mix Talk“ bewusst „in den Grenzbereich von Aktivismus und Journalismus“ vorgewagt, aber stets seinen klaren Wertekompass eingehalten.

Beim Werben um jüngeres Publikum seien die öffentlich-rechtlichen Sender nicht erfolglos, versicherte der Intendant: „Die ARD ist kein Seniorencafé.“ So sei die Tagesschau die „erfolgreichste deutsche Medienmarke bei Tiktok“, wo dem Angebot zwei Millionen Menschen folgten, darunter auch viele jüngere, die gar keinen Fernseher mehr besäßen.

Die Vorsitzende des Zukunftsrats, die Medienmanagerin Julia Jäkel, kritisierte in der Landtagsanhörung, manchen Verantwortlichen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern sei die Dramatik der Situation nicht klar. Das Angebot müsse deutlich digitaler und deutlich effizienter werden. Veränderungen an der Oberfläche reichten im Wettstreit mit Mediengiganten wie Netflix oder Amazon nicht aus, dabei seien die öffentlich-rechtlichen Angebote für den Erhalt der Demokratie wichtiger denn je.

Der Publizist und ehemalige Generaldirektor der öffentlich-rechtlichen Schweizer Rundfunkgesellschaft SRF, Roger de Weck, warf der ARD enorme Ineffizienz vor. Sie habe keine Strategie, kein oberstes Entscheidungsgremium, keine einheitliche Technik und nicht einmal ein einheitliches Rechnungswesen. Bei einer Reform des Rundfunksystems müsse es Möglichkeiten geben, die Sendeanstalten finanziell zu sanktionieren, wenn sie ihren Auftrag nicht erfüllten, forderte de Weck, der ebenso wie Jäkel dem Zukunftsrat angehörte.