Suchtforscher kritisiert Kriminalisierung von Cannabis-Konsumenten

Es gibt noch viel Kritik an den Plänen zur Cannabis-Legalisierung der Koalition. Der Suchtforscher Heino Stöver spricht sich dafür aus, Cannabis-Verbraucher nicht in die Illegalität zu treiben.

Cannabis-Verbraucher sollen nicht weiter kriminalisiert werden
Cannabis-Verbraucher sollen nicht weiter kriminalisiert werdenImago / Pacific Press Agency

Der Frankfurter Suchtforscher Heino Stöver hat die von der Bundesregierung geplante Legalisierung von Cannabis begrüßt. Die Freigabe sei dringend notwendig, weil die derzeit auf dem Schwarzmarkt gehandelte Substanz etwa mit Dreck, Dünger, Pestiziden oder mit Schwermetallen wie Blei verunreinigt sei, sagte Stöver in Frankfurt am Main dem Evangelischen Pressdienst (epd). „Derzeit gibt es keinen Verbraucher – und Jugendschutz.“ Zudem müsse die Kriminalisierung der Konsumenten beendet werden.

Nach den von der Ampel-Regierung vorgestellten Eckpunkten sollen künftig der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis und der Anbau von drei Hanfpflanzen zum eigenen Verbrauch legal sein. Außerdem soll es Clubs oder Vereine mit bis zu 500 Mitgliedern erlaubt werden, sich aus eigenem Anbau selbst zu versorgen. Einen bundesweiten Verkauf von Cannabis in lizenzierten Geschäften soll es zunächst nicht geben. Er kann aufgrund von EU-Vorschriften zunächst nur in Modellregionen erprobt werden.

Cannabis-Legalisierung: Viele offene Fragen

Die Eckpunkte seien schlecht vorbereitet worden und wirkten „unausgegoren“, kritisierte Stöver. Viele Fragen seien nicht beantwortet, etwa nach der Organisation der Clubs oder Vereine oder dem Schutz der Plantagen. Auch die künftigen Aufgaben der Kommunen und der Polizei seien nicht geklärt. „Wer schützt die Felder? Soll die Polizei weiterhin Personen kontrollieren, um festzustellen, ob sie 25 oder 27 Gramm Cannabis bei sich tragen?“, fragte der Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Sciences.

Die Realisierung der Pläne stehe noch am Anfang, sagte Stöver. Neben Frankfurt, Offenbach und Bremen, die sich bereits als Modellregionen beworben haben, müssten weitere Kommunen gefunden werden. Ebenso brauche es Bewerbungen aus Hochschulen und Instituten zur begleitenden Forschung. Bis alle Beteiligten startklar seien, sei es 2025, prognostizierte Stöver.

Verbotspolitik hat die Nachfrage nicht verringert

„Die Cannabis-Verbotspolitik ist gescheitert“, betonte der 67-jährige Suchtforscher. Das lasse sich allein an der wachsenden Zahl der Verbraucherinnen und Verbraucher ablesen. „Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland die Droge regelmäßig einnehmen, gelegentlich konsumieren sie etwa 3,5 Millionen.“ Wie viele Jugendliche darunter seien, sei nicht erfasst. Belegt sei allerdings, dass das Eintrittsalter bei 16 Jahren liege.

Die These für eine stärkere Nachfrage nach der Droge nach deren Freigabe habe sich nicht bestätigt, fügte Stöver hinzu. Die Gesundheitswarnungen bezögen sich immer auf den Konsum der Droge unter Schwarzmarktbedingungen. Medizinisch reines Cannabis sei „weniger gefährlich als Alkohol und Tabak“, betonte Stöver. Auch das Suchtpotential sei gering. „Die meisten Menschen konsumieren die Droge nur am Wochenende, nur 3 bis 5 Prozent nutzen sie täglich.“