Stürmer und Tormann: Familiennamen, die nach Fußball klingen

Wer geht als Sieger vom Platz? Zur Fußball-EM werden viele Wetten angenommen, denn der Ausgang der Spiele ist ungewiss. Doch manche Bundesbürger gehen immer als Sieger vom Platz. Sie heißen nämlich so.

Sie heißen Kicker, Stürmer, Tormann, Sieger oder Loser. Tausende Familien in Deutschland tragen Nachnamen, die auf den ersten Blick stark nach Fußballplatz, Turniersieg und Mannschaftsaufstellung klingen.

Doch die Namensforscher der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz wissen es besser: Der Fußballsport sei nicht annähernd alt genug, um bei der Entstehung von Familiennamen seine Spuren hinterlassen zu haben, sagt die Germanistin Rita Heuser anlässlich der Fußball-Europameisterschaft.

In Deutschland konnte sich der Fußball nämlich erst Ende des 19. Jahrhunderts wirklich etablieren. Die Familiennamen aber entstanden seit dem 13. Jahrhundert. Mit dem Anwachsen der Städte reichten die Vornamen nicht mehr aus. Für Rechtsgeschäfte etwa musste genau zwischen Hans und Hans unterschieden werden.

Heuser, selbst großer Fußballfan, gehört zu einem Forschungsteam, das ein digitales Lexikon erstellt, bei dem erstmals alle in Deutschland vorkommenden Familiennamen erfasst, erklärt und kartiert werden. Seine Datenbasis verdankt das Projekt den Telefonbüchern des Jahres 2005. Damals hatten noch rund 92 Prozent aller Haushalte einen Festnetzanschluss bei der Telekom. Rund 73.000 Namen haben die Wissenschaftler bereits genauer untersucht und im Internet eingestellt, darunter auch solche, die nach Fußball riechen.

Den Familiennamen “Stürmer” beispielsweise gibt es rund 1.600 mal in der Bundesrepublik; geschätzte 4.500 Personen heißen so. Bezeichnet wurde damit nach Angaben der Wissenschaftler eine Person, die entweder im Militär diente oder sich durch ein kämpferisches oder aggressives Wesen hervortat.

Auch die Familiennamen “Tormann” (rund 3.735 Namensträger) und “Torwart” (1.230) sowie die alternativen Schreibungen “Thormann” oder “Thorwart(h)” haben nichts mit dem Ballsport zu tun, sondern verweisen auf Anwohner eines Tores beziehungsweise auf den Beruf des Wächters eines (Stadt-)Tores.

Wie Sieger aussehen, können rund 3.300 gleichnamige Bundesbürger mit ihrem Passfoto zeigen: Die meisten Personen mit dem Familiennamen “Sieger” leben nach Angaben der Wissenschaftler im Großraum Köln-Düsseldorf. Als Ursprungsbedeutung kommen zwei Möglichkeiten in Betracht: Die Vorfahren lebten in der Nähe des Flusses Sieg. In Einzelfällen könnte auch der Rufname Sigiher den Familiennamen gebildet haben.

Personen mit dem Familiennamen “Loser” – mehr als 800 tragen ihn deutschlandweit – dürfen aufatmen. Ihr Name verweist nicht auf die englische Vokabel für Verlierer, sondern lässt sich vermutlich auf das mittelhochdeutsche Wort für “Lauscher” zurückführen, womit ein Aufpasser gemeint sein kann. Denkbar ist auch eine Herleitung von der mittelhochdeutschen Vokabel für “Heuchler” oder “Schmeichler”.

Glücklich schätzen kann sich, wer von Bundestrainer Julian Nagelsmann als Spieler in den Kader berufen wurde. Den Familiennamen “Spieler” allerdings tragen in Deutschland mehr als 2.200 Personen – das entspricht 799 Telefonanschlüssen. Sie haben nicht unbedingt mit Fußball zu tun: Tatsächlich handelt es sich meist um einen Berufsnamen für einen Musikanten und fahrenden Sänger. Möglich ist auch, dass der namensgebende Vorfahr ein Mensch war, der viel Zeit mit Spielen, etwa mit Würfelspielen, verbracht hat.

Seriöser und ernster klingt da die Herkunft des Familiennamens “Kicker” (rund 160 Namensträger): Er leitet sich aus dem mittelniederdeutschen Wort für “Beschauer” oder “Zuschauer” ab. Der erste Namensträger war demnach ein amtlicher Prüfer, der beispielsweise auf die Qualitäts- oder Preiskontrolle von Handelswaren oder die amtliche Inspektion von Bauwerken spezialisiert sein konnte.

Auch Familien mit dem Namen “Trainer” gibt es in Deutschland. Rund 160 Personen tragen diesen Namen. Die Trainer dieser Republik wohnen fast ausschließlich in Bayern. “Trainer” ist hier aber kein Berufs-, sondern ein Herkunftsname zum bayerischen Ort Train.