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Studierende sammeln Wünsche von Menschen in Armut

Ein Wohnungsloser aus Wolfenbüttel hat zu Weihnachten einen Wunsch, den man nicht in Geschenkpapier packen kann. „Ich wünsche mir, dass wir mehr aufeinander achten und nicht immer nur auf unsere Handys schauen“, hat der Mann Simon Schierenbeck und Elisabeth Michel gesagt. Die beiden studieren Soziale Arbeit in Wolfenbüttel. Sie gehören zu insgesamt zwölf Studierenden, die für ein Spendenprojekt mit Wohnungslosen gesprochen und sie nach ihren Wünschen gefragt haben.

Die Studentinnen und Studenten porträtieren in einer Fotoausstellung in den Schloss Arkaden in Braunschweig noch bis zum 13. Dezember die Menschen und ihre Wünsche. Sie wollen ihr Schicksal und ihre Bedürfnisse sichtbar machen und die Besucher aufrufen, die Wünsche der Wohnungslosen zu erfüllen. Die angehenden Sozialarbeiter der Hochschule Ostfalia haben 138 Fotos gemacht. Jedes zeigt einen wohnungslosen oder in Armut lebenden Menschen. Auf ein Blatt Papier, das die Menschen auf den Fotos in die Höhe halten, haben sie ihre Hoffnungen und Wünsche geschrieben.

Diese reichen von Lebensmitteln und Gutscheinen bis hin zu Smartphones und Kinobesuchen. Studentin Lilli Petzhold ist ein Wunsch besonders in Erinnerung geblieben. Eine obdachlose Frau habe sich Karten für eine Theateraufführung, eine Komödie, gewünscht – und das, obwohl es ihr an so viel lebensnotwendigen Dingen fehlt. „Sie hat geschwankt zwischen nützlichen Dingen und etwas, das ihr Kraft gibt und ihr zu Herzen geht“, sagt Petzhold.

Seit Anfang September arbeiten die Studierenden an ihrem Projekt. Einmal wöchentlich treffen sie sich mit Dozentin Tanja Witting in der Hochschule. Gegründet wurde das Projekt „Wunscherfüller“ 2017 von der Hochschule, der Diakonischen Gesellschaft für Wohnen und Beraten in Braunschweig sowie dem Verein „Weihnachten für alle“.

Wie sich Weihnachten für Wohnungslose anfühlen kann, weiß Heiko aus Hannover. Der 57-Jährige lebt seit mehr als einem Jahr auf der Straße. „Für mich gibt es kein Weihnachten mehr“, sagt er kurz. Ganz groß, aber zugleich bescheiden wünscht er sich etwas, das für die meisten Menschen ganz normal ist: eine Wohnung und Arbeit, oder auch einfach mal ein Schnitzel mit Spargel und Sauce hollandaise.

Nicht allen Menschen sehe man ihre Armut an, sagt Witting. „In der Ausstellung erlebt man Besucher, die schockiert sind, weil sie die Person vom Sehen kennen und nicht wussten, dass er oder sie in Armut lebt.“

Seit 2016 setzt sich der Verein in Braunschweig und der Region für wohnungslose und hilfsbedürftige Menschen ein. Neben dem Projekt „Wunscherfüller“ gibt es weitere Projekte, die auf praktische Unterstützung im Alltag ausgerichtet sind. Dazu zählt die Aktion „Frisur und Snacks“, bei der die Menschen sich kostenlos frisieren lassen können. Ein weiteres Angebot heißt „Löwenzahn“: In teilnehmenden Cafés können Kundinnen und Kunden neben ihrem Kaffee oder Tee ein weiteres Getränk für wohnungslose Menschen bezahlen.

Um Kontakt zu den wohnungslosen Menschen zu bekommen, kooperieren die Studierenden mit den Mitarbeitern der Diakonie. „Wir können die Menschen nicht einfach auf der Straße ansprechen, da würden wir auf Misstrauen stoßen“, sagt Witting. Die Angestellten der Diakonie kennen die hilfsbedürftigen Menschen in Wolfenbüttel und Braunschweig und vermitteln sie an die Studierenden.

In der Ausstellung werden die Besucherinnen und Besucher zu Wunscherfüllern. Wer will, kann den Wunsch eines Wohnungslosen direkt erfüllen oder Geld spenden. Die Studierenden sorgen dafür, dass das Geschenk bei den Hilfsbedürftigen ankommt, sie liefern sogar größere Gegenstände, wie ein Bett oder einen Kühlschrank.

Für alle porträtierten Menschen richten die Studentinnen und Studenten darüber hinaus eine Weihnachtsfeier aus. Es gehe darum, den Menschen in Armut Aufmerksamkeit zu schenken und dazu beizutragen, „dass sie zumindest an Weihnachten eine Kleinigkeit bekommen, über die sie sich freuen können“, sagt Tanja Witting.