Die Telefonseelsorge könnte ein Vorbild für eine Kirche sein, die für alle Menschen direkt und überall da ist: Das ist eines der Ergebnisse einer „Wirksamkeitsstudie“ zur Arbeit der Telefonseelsorge in Bayern. Die Studie des Zentrums für angewandte Pastoralforschung der Ruhr-Universität Bochum ist am Mittwochabend in Nürnberg vorgestellt worden. An der Telefonseelsorge zeige sich deutlich, was „die Zukunftsgestalt von Kirche bestimmen“ werde, hieß es in der vorab zur Verfügung vorgestellten Studie.
Die Arbeit der Telefonseelsorge wende sich dem konkreten Menschen zu und teile mit ihm Freude, Hoffung, Trauer und Angst„. Damit sei sie exemplarisch für eine kirchliche Arbeit, “die konsequent das Wohl des leidenden Menschen in den Mittelpunkt stellt”. Die Studienmacher konnten für ihre Untersuchung die Fragebogen von über 800 Personen heranziehen. Sie befragten Haupt- und Ehrenamtliche der Telefonseelsorge, Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen und katholischen Träger, aber auch Zuschussgeber und Fachkräfte, mit denen die Beratungsstellen zusammenarbeiten.
Weil die Ratsuchenden bei der Telefonseelsorge anonym bleiben, konnten die Anruferinnen und Anrufer zwar nicht für die Untersuchung befragt werden, sagte die Leiterin der Telefonseelsorge Ostoberfranken, Elisabeth Peterhoff, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aber es gebe viele direkte Rückmeldungen bei den Gesprächen: „Telefonate enden oft mit ‘Vielen Dank, da haben Sie mir jetzt geholfen’ oder “Jetzt habe ich da einen ganz neuen Denkansatz’.” Immer wieder würden sich auch Menschen melden, die vor einer Verzweiflungstat standen, und zurückmelden, die Telefonseelsorge habe ihnen geholfen.
Herausgekommen ist bei der Studie, dass die 17 bayerischen Telefonseelsorgestellen eine „hohe Relevanz für einsame und trauernde Menschen“ hätten. Sie würden bestehende Beratungsangebote ergänzen und psychosoziale Dienste entlasten, hieß es. Weitere Merkmale seien die ökumenische Zusammenarbeit, die ehrenamtlichen Mitarbeitenden und zugleich ihre Professionalität im Zusammenspiel mit den Hauptamtlichen.
Der bayerische Landesbischof Christian Kopp sagte, die Studie zeige, „wie unverzichtbar die Telefonseelsorge für unsere Gesellschaft ist“. Sie mache sichtbar, „wie Kirche dort wirksam wird, wo sie den Menschen in seiner Verletzlichkeit ernst nimmt.“ Die Zukunft der Telefonseelsorge müsse gesichert werden, sagte Kopp weiter. „Angesichts sinkender Kirchensteuereinnahmen und zunehmender Belastungen für Haupt- und Ehrenamtliche steht die Qualität dieser Arbeit auf dem Spiel. Für mich gehört die Telefonseelsorge zum Kern kirchlicher Arbeit in unserer Gesellschaft, die mehr denn je Kontakt, Orientierung und Mitmenschlichkeit braucht.“ Der Landesbischof hebt besonders die enge Zusammenarbeit beider Konfessionen hervor: „Dass evangelische und katholische Kirche hier seit Jahrzehnten Hand in Hand wirken, ist gelebte Ökumene. Davon brauchen wir in Zukunft mehr.“
Die Studie empfiehlt eine „robuste personelle Ausstattung“ der Stellen, damit Qualität und Verfügbarkeit erhalten werden könnten. Die Untersuchung lobt, dass die Telefonseelsorge bereits digitale Beratungsformen erprobe und regt an, angesichts der zunehmenden religiösen Diversifizierung in Deutschland Schritte in Richtung einer interreligiösen Telefonseelsorge zu gehen. „Es wäre einen Versuch wert, auch zum Beispiel mit muslimischen oder jüdischen Verbänden zusammenzuarbeiten“, heißt es.
Bei der Telefonseelsorge registriert die Telekom jährlich etwa 19 Millionen Anwahlversuche. Die bayerischen Telefonseelsorgen führten im Jahr 2024 rund 180.000 Gespräche, fast 10.000 E-Mail-Konversationen und schrieben Ratsuchende in 4.400 Chats. Die Nachfrage nach Beratung sei höher als das Angebot an freien Leitungen, teilt die Telefonseelsorge mit. (3371/29.10.2025)