Studie: Studierende nutzen selten Bafög oder Studienkredite

Neun von zehn Studierenden in Deutschland werden einer aktuellen Studie zufolge von ihren Eltern finanziell unterstützt. Mehr als zwei Drittel arbeiteten neben der Hochschule, um ihr Einkommen zu sichern, teilte das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) am Freitag in Gütersloh zum „Check Studienfinanzierung 2023“ mit. Dagegen hätten staatliche Unterstützungsangebote eine geringe Bedeutung. Demnach griffen im vergangenen Jahr bundesweit 16,2 Prozent aller Studierenden auf Bafög, staatliche Kredite oder Stipendien zurück.

Im Ländervergleich zeigen sich laut Studie beim Anteil geförderter Studentinnen und Studenten zudem deutliche Unterschiede: In Thüringen ist der Anteil an Studierenden, die auf ein staatliches Instrument der Studienfinanzierung zurückgreifen, mit 12,7 Prozent am niedrigsten, gefolgt von Hamburg und dem Saarland mit 13,1 beziehungsweise 14,2 Prozent. Dagegen haben Mecklenburg-Vorpommern (21,8 Prozent) und Sachsen (23,7 Prozent) einen deutlich höheren Anteil an Studierenden, die Bafög beziehen oder einen Studienkredit abgeschlossen haben. Im Mittelfeld liegen Nordrhein-Westfalen (15,5 Prozent), Rheinland-Pfalz (15,9 Prozent) und Berlin (16,2 Prozent)

„Dass mittlerweile mindestens 84 Prozent der Studierenden in Deutschland die staatlichen Unterstützungsangebote zur Studienfinanzierung nicht nutzen können oder wollen, zeigt den dringenden Reformbedarf in diesem Bereich“, sagte der Studien-Autor Ulrich Müller Experte für Studienfinanzierung beim CHE. Die Verzögerungen bei der Bafög-Reform sowie die aktuell unverhältnismäßig hohen Zinsen beim KfW-Studienkredit würden weiter dafür sorgen, dass Studierende zur Finanzierung des Studiums zunehmend auf sich allein gestellt seien.

„Wenn wir das System der Studienfinanzierung in Deutschland so lassen, wie es momentan ist, hängt der Studienerfolg zukünftig immer mehr davon ab, ob man reiche Eltern hat oder in einem flexiblen Studiengang eingeschrieben ist, der nebenjob-kompatibel ist“, warnte Müller. Beides habe mit einer chancengerechten Beteiligung an hochschulischer Bildung nicht viel zu tun, kritisierte der Leiter politische Analysen beim CHE. Er forderte ein zukunftsfähiges System staatlicher Studienfinanzierung, das bestehende Elemente zu einer umfassenden, in sich flexiblen Bundesstudienförderung bündelt.

Für die Studie haben Müller und seine Co-Autoren Jan Thiemann und Chiara Schäfer aktuelle Daten zu Fördermitteln und deren Bedeutung für die Studienfinanzierung aus verschiedenen Quellen zusammengestellt, darunter vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Statistischen Bundesamt und von den Studierendenwerken. Stichtag war der 31. März 2023.