Studie rügt Missbrauchsaufarbeitung im Kirchenkreis Lüdenscheid

Die Aufarbeitung eines Falls sexualisierter Gewalt im evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg ist einer unabhängigen Studie zufolge gescheitert. Die Aufarbeitung und Krisenintervention sei zunächst gut gestartet, Machtstrukturen hätten jedoch fortbestanden und die Perspektive von Betroffenen seien zu wenig gehört worden, sagte die Geschäftsführerin des Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP), Helga Dill, bei der Präsentation der Teilstudie am Donnerstag in Bielefeld. Ein solcher Aufarbeitungsprozess müsse von externen Fachleuten begleitet werden.

In der Gemeinde Brügge-Lösenbach in Lüdenscheid steht ein ehrenamtlicher Mitarbeiter im Verdacht, über 40 Jahre lang als Vorsitzender des Presbyteriums und Leiter einer Jungengruppe sexualisierte Gewalt ausgeübt zu haben. Die Vorwürfe wurden im Jahr 2020 öffentlich. Nachdem der Beschuldigte Suizid begangen hatte, stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Zuvor war der Mann von allen ehrenamtlichen Tätigkeiten entbunden und ihm ein Hausverbot erteilt worden.

Nach Einschätzung der Autorinnen der Teilstudie über die Aufarbeitung von Missbrauch in der westfälischen Kirchengemeinde waren die Akteure vor Ort mit der Aufarbeitung überfordert. Zudem sei die Kommunikation über den Fall nicht transparent genug gewesen. Auch seien die Betroffenen nicht ausreichend eingebunden worden. Statt eines umfassenden Willens zur Aufarbeitung habe vielerorts der Fokus darauf gelegen, dass die Kirche keinen Schade nehme. Mehrere Hinweise auf Taten des Beschuldigten seien zuvor lange Zeit nicht aufgenommen worden.

Vertreterinnen und Vertreter der westfälischen Landeskirche und des Kirchenkreises äußerten sich erschüttert über das in der Studie dargestellte Scheitern einer transparenten Aufarbeitung und kündigten an, aus den Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen.