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Studie: Olympische Spiele fördern nicht die Demokratisierung

Sportliche Großereignisse wie die Olympischen Spiele führen nicht zu mehr Menschenrechten und Demokratie im gastgebenden Land. Das ist das Ergebnis einer Studie an der Universität Hamburg, die erstmals die Auswirkungen von Olympischen Spielen umfassend ökonometrisch untersucht hat, wie die Hochschule am Montag mitteilte. Erfasst wurden die Entwicklung und Veränderung von Demokratie in mehr als 102 Ländern zwischen 1972 und 2019. Die Ergebnisse sollen in der kommenden Ausgabe von „Economic Analysis and Policy“ veröffentlicht werden.

Bei der Vergabe von Olympischen Spielen habe es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Proteste gegeben, da gastgebende Länder wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik standen. Dabei argumentierte das Internationale Olympische Komitee damit, dass das Event in autokratischen Ländern zu Demokratisierung, mehr Pressefreiheit und mehr Rechten für alle führen würde. Diese Aussage habe die Studie an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften nicht bestätigt.

„Wir konnten in unseren Berechnungen zwar feststellen, dass sich das Maß an Demokratie im Laufe des Untersuchungszeitraums in den Ländern verändert hat, allerdings konnten wir keine signifikanten Auswirkungen der Olympischen Spiele feststellen – weder positiv noch negativ“, erklärte Studienleiter Wolfgang Maennig, Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik. Das gelte sowohl für demokratische als auch für autokratische Länder.

Es sei auf Basis der Daten nicht auszuschließen, dass es „kurzfristig in den Austragungsländern zu einer Zunahme an Optimismus oder – abhängig vom Erfolg bei der Durchführung – zu einem gesteigerten Ansehen auch der Regierung kommt“, sagte Maennig. Allerdings seien diese Effekte offenbar so kurzfristig, dass sie in der Studie keine signifikanten Auswirkungen auf das Maß an Demokratie zeigten. Ein Ergebnis, das laut Maennig auch für andere große Sportereignisse wie Fußball-Weltmeisterschaften gelten dürfte.

Da neben dem fehlenden demokratischen Effekt auch ein wirtschaftliches Wachstum in vielen Forschungspublikation infrage gestellt werde, kommt das Forschungsteam zu dem Schluss, dass die Frage nach tatsächlichen Effekten der Olympischen Spiele weiter offen sei. „Für die derzeit laufenden Bewerbungen in Deutschland dürften diese Ergebnisse positiv sein“, glaubt Maennig. Damit entfalle das Argument des Komitees, durch die Spiele in weniger demokratischen Bewerberländern mehr positiven politischen Nutzen erreichen zu können.

Basis für die statistischen Berechnungen waren unter anderem Demokratie-Indikatoren, wie der „V-Dem democracy index“, der unter anderem den Schutz individueller Rechte und das Maß politischer Beteiligung in einem Land erfasst. Bei den Berechnungen wurde für Einflussgrößen wie Bildungsgerechtigkeit, Demokratiegrad der umliegenden Länder oder Bruttoinlandsprodukt pro Kopf kontrolliert. Insgesamt wurden 21 Variablen und verschiedene Berechnungs- und Untersuchungsmethoden angewendet.