Studie: Mindestens 124 Missbrauchsopfer in der Nordkirche

In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) gibt es nach Auswertung der Archive mindestens 58 Beschuldigte und 124 Betroffene von Missbrauch und sexueller Gewalt. Das teilte die Nordkirche am Donnerstag im Anschluss an die Veröffentlichung einer bundesweiten Studie im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit. Untersucht wurde der Zeitraum von 1946 bis 2020.

Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, erklärte: „Dass Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern im Raum unserer Kirche tiefes Leid zugefügt wurde, dass sie Gewalt und schweres Unrecht erlitten haben, erschüttert mich immer wieder. Ich empfinde darüber tiefe Scham – persönlich und stellvertretend für unsere Kirche.“

Sich dieser Schuld zu stellen beinhalte maßgeblich, Verantwortung zu übernehmen sowie klar und entschieden die Konsequenzen aus den Ergebnissen der sogenannten Forum-Studie zu ziehen, so Kühnbaum-Schmidt. Sie betonte: „Dabei werden die Beschlüsse des EKD-Beteiligungsforums und die Ergebnisse der Beratungen dort auch für uns entscheidend und leitend sein.“

Laut der EKD-Studie gibt es viel mehr Missbrauchsopfer als erwartet: Danach wurden seit 1946 nach „spekulativen“ Hochrechnungen mindestens 9.355 Kinder und Jugendliche in evangelischer Kirche und Diakonie sexuell missbraucht. Zudem gibt es 3.497 Beschuldigte, davon gut ein Drittel Pfarrer oder Vikare.

Diese Zahlen errechnen sich nach Angaben der Forscher aus den offiziell zurückgemeldeten Ergebnissen der Landeskirchen, die aus deren Disziplinarakten erhoben wurden, und aus den Ergebnissen einer Landeskirche, die sowohl Personal- als auch Disziplinarakten ausgewertet hatte. Außerdem wurden Vergleichsstudien herangezogen.