Die Zahl der von Erwerbstätigen insgesamt geleisteten Arbeitsstunden liegt laut einer Analyse auf Rekordniveau. Zugleich sinkt die Wochenarbeitszeit im Schnitt.
Abhängig Beschäftigte haben im wiedervereinigten Deutschland einer Studie zufolge noch nie so viel gearbeitet wie im vergangenen Jahr. Insgesamt leisteten sie rund 55 Milliarden Stunden, 1991 waren es noch 52 Milliarden und 2005 nur 47 Milliarden gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch veröffentlichte Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. “Das Gesamtarbeitsvolumen ist vor allem gestiegen, weil immer mehr Frauen erwerbstätig sind”, sagte Studienautor Mattis Beckmannshagen. Der Anteil der arbeitenden Frauen stieg zwischen 1991 und 2022 um 16 Prozentpunkte auf 73 Prozent.
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten ist laut der Studie in den vergangenen Jahrzehnten derweil kontinuierlich gesunken. So waren es 1991 knapp 39 Stunden, zuletzt aber nur noch rund 36,5 Stunden. Fast die Hälfte der Frauen in Deutschland sei teilzeitbeschäftigt, obwohl einige gern mehr arbeiten würden, erklärte Beckmannshagen. “Ihr Potenzial für den Arbeitsmarkt bleibt also teilweise ungenutzt.”
Die Analyse, die auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels und der Volkwirtschaftlichen Gesamtrechnungen beruht, zeigt auch, dass Frauen weiterhin deutlich mehr Zeit für Kinderbetreuung und Hausarbeit aufwenden als Männer. Bei der Erwerbsarbeit ist es dagegen genau umgekehrt: Frauen arbeiten durchschnittlich etwa 33 Stunden, Männer hingegen 40 Stunden.
Um dem hohen Bedarf an Fachkräften zu begegnen, empfehlen die Forschenden etwa Reformen der Lohnsteuerklassen oder des Ehegattensplittings, damit es sich vor allem für Frauen als Zweitverdienerinnen mehr lohne, die Arbeitszeit auszuweiten. Nötig sei auch eine gerechtere Aufgabenverteilung zwischen den Geschlechtern bei der Kinderbetreuung und im Haushalt. Dazu könnten etwa mehr Kita-Plätze und Elternzeit für Väter beitragen. Steuerfreie Überstunden sehen die Forschenden hingegen skeptisch, da dadurch häufig Männer mit dem höheren Einkommen ihre Arbeitszeit ausweiten dürften.