In Deutschland leben etwa 88.500 nachweislich HIV-Infizierte. Die Therapien sind sehr gut, sie müssen aber lebenslang laufen. Mit steigendem Alter der Infizierten bei weniger Ärzten wird die Versorgung herausfordernd.
Die Versorgung von HIV-Infizierten und Aidskranken in Deutschland steht im kommenden Jahrzehnt vor großen Herausforderungen – zu diesem Ergebnis kommt eine am Donnerstag vorgestellte Studie des IGES Institut. Mittlerweile ist aufgrund effektiver medizinischer Therapien bei aktuell guter Versorgung die Hälfte der rund 88.500 HIV-Infizierten älter als 50 Jahre alt. Jährlich kommen rund 2.200 Neuinfektionen hinzu.
Der steigende Versorgungsbedarf um bis zu 44 Prozent bei erwartbarem Mangel an Hausärzten, altersbedingten Begleiterkrankungen sowie schlechterer Mobilität der Infizierten könnte erhebliche Lücken in die Versorgung reißen. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zeigen HIV-Infizierte laut Studie deutlich häufiger chronische Infektionen, Stoffwechselstörungen und psychiatrische Erkrankungen.
Die spezialisierte HIV-Versorgung findet überwiegend ambulant statt: 2023 erhielten von rund 84.400 gesetzlich Versicherten mit HIV-Diagnose gut drei Viertel eine vertragsärztliche Schwerpunktversorgung. Dieser Anteil steigt seit 2014 kontinuierlich. Meist übernehmen Hausärzte und Allgemeinmediziner die Schwerpunktversorgung. Die Patientenzufriedenheit ist laut Studie insgesamt gut.
Während die Zahl der Patienten seit 2014 um 38 Prozent gestiegen ist, erhöhte sich jedoch die durchschnittliche Zahl der Ärzte pro Praxis nur um etwa 15 Prozent. In den vergangenen zehn Jahren blieb die Zahl der Schwerpunktpraxen mit 200 etwa gleich.
Auch gibt es laut Studie starke regionale Unterschiede bei der Versorgung: So gibt es in den Stadtstaaten und Großstädten zwar die größten Versorgungskapazitäten, aber auch viele Behandlungsfälle und teils eine Mitversorgung für Regionen mit wenig Schwerpunktpraxen. In den ostdeutschen Flächenländern gibt es beispielsweise weniger als fünf Praxen. Hier sei der Wegfall einer Praxis bereits ein erheblicher Einschnitt, so die Studie.
Der Drogen- und Suchtbeauftragte der Bundesregierung, der Virologe Hendrik Streeck (CDU), betonte, dass im Medizinstudium ein stärkerer Fokus auf Infektionskrankheiten gelegt werden müsse. Ärzte müssten HIV erkennen und gut behandeln. Weiterhin würden hunderte Diagnosen spät gestellt, was die Therapiechancen verschlechtere.