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Studie: Frühere Missbrauchsopfer brauchen als Eltern mehr Hilfen

Was bedeutet es für Menschen, die in ihrer Kindheit sexuelle Gewalt erlitten haben, wenn sie selbst Eltern werden wollen? Ein Forscherteam ist dieser und anderen Fragen nachgegangen.

Eltern, die in ihrer eigenen Kindheit Opfer von sexualisierter Gewalt wurden, fehlt es häufig an Informationen und Unterstützung bei der Erziehung. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsprojekt, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Die eigene Betroffenheit habe für viele der Befragten eine große Bedeutung, wenn sie über das Elternwerden nachdächten, erklärte die Berliner Soziologin Barbara Kavemann als eine der Autorinnen der Untersuchung, an der sich 600 Betroffene beteiligt haben.

Betroffene setzten sich kritisch damit auseinander, ob sie in der Lage sein würden, ihre Kinder zu schützen und gut zu versorgen, so Kavemann. Nach ihren Angaben entschieden sich die meisten der Befragten für eigene Kinder. Zwar seien viele Sorgen und Konflikte, mit denen sich Betroffene auseinandersetzen müssten, für alle Eltern relevant. Es zeigten sich jedoch Herausforderungen, die eng mit der spezifischen Gewalterfahrung einhergingen.

Zitiert wird etwa eine Betroffene und Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern, die lange nicht über ihre Erfahrungen habe sprechen können. Als sie diese Sprachlosigkeit überwunden habe, habe sie versucht, für ihre Kinder eine altersangemessene Form zu finden. Wichtig sei es ihr gewesen, Raum für Fragen zu ermöglichen. Seitdem komme sie immer mal wieder ins Gespräch mit ihnen, so setzten sich traumabedingte ungünstige Muster nicht unreflektiert fort.

Auftretende Schwierigkeiten bei Eltern mit derartigen Gewalterfahrungen seien Ängste und eine mögliche Überbehütung, die ihre Kinder belasten könnten. Wichtig ist aus Sicht der Autorinnen der Studie, dass es etwa in Elternkursen, Familienberatung und Familienbildung mehr Informationen zu dem Thema gibt. Erziehungs- und Familienberatungsstellen müssten betroffene Eltern genauso im Blick haben wie spezialisierte Fachberatungsstellen das Thema Elternschaft. Zudem müssten der Austausch und die Vernetzung von betroffenen Eltern gefördert werden.