Streit um plastinierte Leichen im Gottesdienst

Beim Gottesdienst will der Osnabrücker Pastor über das „Wunder der Schöpfung Mensch“ predigen. Von der Landeskirche kommt Kritik.

Plastinator Gunther von Hagens mit seiner Ehefrau Angelina Whalley (Archivbild)
Plastinator Gunther von Hagens mit seiner Ehefrau Angelina Whalley (Archivbild)Christian Ditsch / epd

Osnabrück. Der evangelische Pastor Frank Uhlhorn will einen präparierten Menschenkörper des Leichenplastinators Gunther von Hagens in die Marienkirche in Osnabrück holen und dazu einen Gottesdienst gestalten. Er wolle die Körperwelten-Ausstellung, die derzeit in der Osnabrückhalle gastiert, zum Anlass nehmen, über die Schöpfung zu predigen, sagte Uhlhorn dem epd. Anhand eines solchen Exponats lasse sich das Wunder der Schöpfung Mensch anschaulicher machen. Von der hannoverschen Landeskirche kam Kritik an dem Vorhaben. 
Bislang waren die Körperwelten-Ausstellungen an allen Standorten von den Kirchen kritisiert worden. Sie sei nicht mit dem Respekt vor den Toten und der Totenruhe vereinbar. Auch der Geistliche Vizepräsident des Landeskirchenamtes Hannover, Arend de Vries, sagte: "Jeder Mensch besitzt eine Würde über den Tod hinaus und kann deshalb kein Ausstellungsstück beziehungsweise bloßes Objekt sein."

In der Freiheit des Pastors

Die Osnabrücker Landessuperintendentin Birgit Klostermeier sagte, auch sie lehne die Plastination und Zurschaustellung von Leichen ab. Aufklärung über den menschlichen Körper lasse sich anhand von Filmen oder künstlich hergestellten Körpern genauso gut betreiben. Beide leitenden Theologen betonten aber, dass es in der Freiheit und Verantwortung des Pfarrers und des Kirchenvorstands liege, einen solchen Gottesdienst zu veranstalten.  
Pastor Uhlhorn wandte ein, er könne nicht erkennen, dass die Ausstellung die Totenruhe störe. Nach biblischer Lehre sei es unerheblich, ob nach dem Tod eines Menschen die Knochen in den Sarg gelegt, die Asche in einer Urne bestattet oder der Körper als Plastinat erhalten bleibe. Die Sorgen nehme er dennoch ernst. "Über das, was später aus einem Plastinat wird, muss man reden", sagte der Pastor. "Aber ich meine, es gibt keine theologischen Probleme mit einem plastinierten Menschen."

Kirchenvorstand informiert

Aus seiner Sicht betreibt die Ausstellung in erster Linie Aufklärung. Es sei eine "Art von Demokratisierung", dass auch normale Menschen und nicht nur Mediziner das Innere eines Körpers betrachten könnten. Uhlhorn betonte, er habe den Kirchenvorstand informiert. Die Stimmung reiche von klarer Ablehnung über vorsichtige Zurückhaltung bis zur Unterstützung für sein Vorhaben. Eine Abstimmung habe er aber nicht für nötig gehalten. 
Stadtsuperintendent Joachim Jeska hatte die Körperwelten-Ausstellung bereits vor ihrem Beginn Anfang Mai kritisiert: Der wissenschaftliche Anspruch bemäntele die kommerziell erfolgreiche Zurschaustellung von Toten. Von Hagens hat nach eigenen Angaben 1982 ein Körperspende-Programm etabliert. Alle in den Ausstellungen gezeigten Plastinate stammten von Menschen, die zu Lebzeiten ihre Zustimmung gegeben hätten. (epd)