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Streit um Krankenhausreform: Verbessern – nicht verwässern

Karl Lauterbach war mit den Bundesländern in den Clinch gegangen. Nachfolgerin Nina Warken billigt ihnen mehr Spielraum bei der Umsetzung der Krankenhausreform zu. Die Krankenkassen sind nicht begeistert.

Verbessern – nicht verwässern. Mit diesem Motto ist Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in die Debatte um die Krankenhausreform eingestiegen. Sie wolle die von ihrem Amtsvorgänger Karl Lauterbach (SPD) auf den letzten Metern durch den Bundestag gebrachte Reform im Grundsatz beibehalten, aber “alltagstauglicher” machen, kündigte die Ministerin an. Und legte Anfang August den Referentenentwurf eines “Krankenhausanpassungsgesetzes” zur Nachbesserung der Reform vor.

Doch schon steht Warken massiv in der Kritik. Während die Bundesländer mehr Flexibilität und Spielraum bei der Umsetzung der Reform fordern, warnten Krankenkassen und Verbände am Donnerstag bei einer Anhörung des Bundesgesundheitsministeriums davor, die Reform aufzuweichen und zu viele Ausnahmen zuzulassen. Es gehe darum, “Kurs zu halten”.

Klar ist: Die Krankenhauslandschaft in Deutschland braucht einen neuen Zuschnitt. Es gibt im internationalen Vergleich deutlich zu viele Kliniken – bei gleichzeitig mittelmäßiger Qualität der Behandlung. Ziele der Reform sind unter anderem weniger Betten, weniger ökonomischer Druck für die Kliniken durch ein neues Vergütungssystem und mehr Spezialisierung bei schwierigen Eingriffen und Erkrankungen.

Ein zentrales Reformelement sind die Leistungsgruppen, die den Krankenhäusern zugewiesen werden. Fachgebiete, für die die Kliniken entsprechende Kriterien erfüllen müssen, wenn sie sie weiter anbieten wollen: Sie müssen etwa eine gewisse Anzahl an Fachärztinnen und -ärzten beschäftigen und eine entsprechende Technikausstattung vorweisen.

Der Referentenentwurf aus dem Warken-Ministerium sieht nun vor, dass die Länder künftig selbstständig entscheiden können, welche Ausnahmen sie bei der Zuweisung von Leistungsgruppen an Kliniken zulassen – auch wenn die Häuser die definierten Qualitätskriterien nicht erfüllen, aber für eine flächendeckende Versorgung nötig sind. Die Länder sollen zudem mehr Zeit erhalten, die Leistungsgruppen zuzuteilen. Im verabschiedeten Gesetz war hierfür der 31. Oktober 2026 vorgesehen, laut Warken-Entwurf sollen die Länder bis zum 30. September 2027 Zeit erhalten.

Verschieben soll sich auch die Einführung der geplanten Vorhaltefinanzierung, bei der die Krankenhäuser künftig 60 Prozent ihrer Betriebskosten über eine Pauschale vorab erhalten sollen. Nur noch 40 Prozent sollen über die bislang geltende diagnosebezogenen Fallpauschalen abgerechnet werden. Ab 2030 soll das System umfassend funktionieren. Bislang war vorgesehen, dass alles ein Jahr früher startet.

Die geplanten Änderungen trafen zum Teil auf deutliche Kritik. Krankenkassen und medizinische Verbände erklärten, statt einer echten Strukturreform drohe ein politischer Kompromiss, der Konflikte befriede, aber die Probleme nicht löse. Zu viele Ausnahmen und Sonderregeln könnten dazu führen, dass sich die Krankenhauslandschaft weniger stark verändert als nötig.

Die Aufweichung der geplanten Qualitätsvorgaben würde die zentralen Ziele der Reform – eine bundesweit einheitliche und hohe Behandlungsqualität – nachhaltig gefährden, erklärte Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Kassen. Die Qualität einer Behandlung dürfe nicht davon abhängen, in welchem Bundesland jemand ins Krankenhaus komme. “Doch genau das droht nun.” Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Kasse, kritisierte, dass klare Vorgaben für die Erreichbarkeit der Kliniken ersatzlos entfallen sollten. Der Deutsche Pflegerat monierte, dass Pflegepersonaluntergrenzen als Qualitätskriterium für Leistungsgruppen gestrichen würden; das sei unverantwortlich und inakzeptabel.

Die Krankenhäuser forderten dagegen eine noch größere Flexibilität. Strukturvorgaben dürften die Länder nicht in ihrer Entscheidungsfreiheit blockieren; Kooperationen – auch in telemedizinischer Form – müssen uneingeschränkt ermöglicht werden, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Der Katholische Krankenhausverband Deutschland forderte, die geplante Vorhaltevergütung auszusetzen und die Mindestvorhaltezahlen zu streichen. Dies sei notwendig, um die Versorgungssicherheit insbesondere in strukturschwachen Regionen nicht zu gefährden.