Straßenmagazin kauft Baumgrab für bedürftige Verkäufer

Unter dem Baum Nummer 1984 können verstorbene Verkäufer ihre letzte Ruhe finden. Der erste Platz ist schon vergeben – für einen langjährigen Mitarbeiter, der an Herzversagen starb.

Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes hielt die Trauerrede für Hasso Diedrich
Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes hielt die Trauerrede für Hasso DiedrichHarald Koch / epd

Wennigsen/Region Hannover. Das Straßenmagazin Asphalt hat für seine Verkäufer 12 Bestattungsstätten im Ruheforst Deister südlich von Hannover erworben. Die Möglichkeit im Ruheforst in Wennigsen bestattet zu werden, steht ab sofort jedem der rund 200 Asphaltverkäufer in Niedersachsen offen – als Alternative zu einem anonymen Armenbegräbnis. Die Kosten werden von Asphalt übernommen. Eingeweiht wurde die neue Bestattungsfläche mit der Beisetzung des langjährigen Asphaltverkäufers Hasso Diedrich, der im Alter von 54 Jahren an Herzversagen starb.

„Der unerwartete Tod von Hasso hat uns bewusst gemacht, dass wir für solche Fälle eine Regelung brauchen“, sagte Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke. „Den Gedanken, dass er anonym verscharrt werden sollte, wie es bei mittellosen Menschen üblich ist, konnten wir nicht ertragen.“ Die Möglichkeit für eine würdevolle Beerdigung fanden die Mitarbeiter der seit 1994 in Hannover erscheinenden und niedersachsenweit von wohnungslosen und langzeitarbeitslosen Menschen vertriebenen Zeitung im Deister.

Metallplatte am Baumstamm

Der im Jahr 2008 gegründete Ruheforst Deister ist 43 Hektar groß. Er besteht vorwiegend aus Buchen und Traubeneichen. Insgesamt sind rund 2400 Bäume als Begräbnisstellen für Urnen rausgewiesen. Die Laufzeit für die Grabstellen beläuft sich auf 100 Jahre. Die Verstorbenen, die hier beigesetzt werden, erhalten eine kleine Metallplatte mit ihren Namen sowie ihrem Geburts- und Sterbedatum, die auf dem Baumstamm befestigt wird.

Eine Urne im Ruheforst Deister (Symbolbild)
Eine Urne im Ruheforst Deister (Symbolbild)Harald Koch / epd

Asphalt hat für einen mittleren fünfstelligen Betrag den Baum Nummer 1984 erworben, eine Buche. Rund um den Baum ist Platz für zwölf Urnen. Die Beisetzungen im Forst kosten zusätzlich zum Kaufpreis knapp 1.000 Euro und sind damit günstiger als eine soziale Bestattung auf einer anonymen Friedhofsfläche. Finanziert werden die Asphalt-Beisetzungen aus Spenden. Aber auch die Region Hannover zeigt sich der neuen Bestattungsform gegenüber offen. „In der Kostenfrage halten wir Kontakt zu der Asphaltgeschäftsführung. Gibt es keine Angehörigen oder haben diese kein Geld, übernimmt in und um Hannover die Region als Trägerin der örtlichen Sozialhilfe die Beerdigungskosten – auch für den Ruheforst“, teilte ein Sprecher der Region mit.

„Defizit im Umgang mit Toten“

Rainer Müller-Brandes, designierter Stadtsuperintendent und Asphalt-Herausgeber, sagte während der Trauerzeremonie für Diedrich: „In unserer Gesellschaft haben wir ein großes Defizit im Umgang mit den Toten. Ich halte es für sehr wichtig, dass Asphalt einen Ort für seine Verkäufer, für Menschen, die es im Leben schon nicht leicht hatten, schafft. Damit nicht auch der Tod und die Trauer noch obdachlos werden.“

Diedrich hatte viele Jahre lang das Asphalt-Magazin in Hannover-Garbsen verkauft und sich in vielen Initiativen für Wohnungslose engagiert. Zu seiner Beisetzung kamen rund 15 Freunde und Bekannte. Martin Panitz, Sprecher der Asphalt-Verkäufer betonte, wie wichtig der Ort sei. „Es ist einfach schön zu wissen, dass man einen Platz hat, den man besuchen kann, um einem alten Bekannten noch mal Hallo zu sagen“, sagte Panitz. Er sei sich sicher, dass der Ruheforst von den Asphalt-Verkäufern gut angenommen werde. (epd)