HIV, Rassismus, die Todesstrafe – kontroverse Themen, die Oliviero Toscani in Mode-Werbekampagnen verwandelte. Das schockierte viele Menschen. Nun ist der Italiener unheilbar erkrankt und spricht über Leben und Sterben.
Eine Nonne und ein Priester in einen tiefen Kuss versunken, ein Aidskranker auf dem Sterbebett, ein noch blutverschmiertes Neugeborenes: Vor allem mit seinen Werbekampagnen für die Modekette Benetton sorgte Oliviero Toscani für Skandale und Boykott-Aufrufe. Nun ist der italienische Starfotograf unheilbar erkrankt, wie er in einem Interview der Zeitung “Corriere della Sera” (Mittwoch) erzählt. Innerhalb eines Jahres habe er 40 Kilo abgenommen, wie lange er noch zu leben habe, wüssten die Ärzte nicht.
Angst vor dem Tod habe er aber nicht, “solange es nicht weh tut”, so der 82-Jährige. Außerdem habe er zu viel und zu gut gelebt, sei verwöhnt und immer frei gewesen. Toscani bedaure die Dinge, die er nicht getan habe, nicht die, die er getan habe. Hätte er drei Wünsche frei, würde er sich keine Heilung wünschen – das sei totaler Egoismus: “Beseitige die Ungerechtigkeit, das heißt die sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede. Beseitige die Gewalt. Beseitige alles, was giftig ist.”
Für sich selbst wünscht sich der gebürtige Mailänder keine Beerdigung: “Bringt mich zum Verbrennen und weg. Ich war immer säkular, nicht einmal meine Kinder habe ich taufen lassen. Leben heißt auch Sterben, aber niemand spricht über den Tod. Man lebt wie ein Betrüger, der seine Zeit verschwendet.” Als Atheist bezeichnet er sich dennoch nicht: “Ich beteilige mich einfach nicht an all dem, das Thema interessiert mich nicht.”
Derzeit ist Toscanis gesamtes Werk im Museum für Gestaltung in Zürich ausgestellt. Aufgrund des großen Publikumserfolgs wurde die Schau bis zum 5. Januar 2025 verlängert. Toscani war selbst noch nicht dort, wie er sagt. Aber es würde ihm sehr viel Spaß machen, dorthin zu reisen.