St. Anna in 40 Facetten

In den Planungs-Sitzungen für die 700-Jahr-Feierlichkeiten der Augsburger St. Annakirche rauchten im vergangenen Winter die Köpfe – auch bei Claudia Stöhler und Barbara Jekeli. „Gottesdienste, Ausstellungen, Konzerte – solche Veranstaltungen waren prinzipiell gesetzt, aber es sollte noch etwas Persönlicheres mit dazu kommen“, erinnert sich Jekeli. Hochschuldozentin Claudia Stöhler, die seit 2019 ehrenamtlich in mehreren Bereichen tätig ist, und Barbara Jekeli, die der Innenstadtkirche schon lange verbunden ist, ergriffen hierfür mit dieser Buchidee die Initiative.

Im April veranstaltete das evangelische Forum Annahof einen Workshop für „Biographisches Schreiben“, zu dem Menschen eingeladen waren, die eine Verbindung zu und mit der ab 1321 von den Karmeliten erbauten Kirche haben. Ob daraus eine Veröffentlichung werden sollte – das war damals noch unklar, die etwaige Finanzierung fraglich. „Wir saßen aber gleich bei der ersten Sitzung ziemlich allein mit der Referentin da. Und stellten fest, dass wir einen Schritt auf potenzielle Geschichtenerzähler zugehen, das Gesamtprojekt in unsere Hände nehmen müssen“, ergänzt Stöhler.

Gezielt sprachen sie im Mai dieses Jahres erst mal bekannte Gesichter rund um die Gemeinde an, verbunden mit dem Angebot, als „Ghostwriter“ das Verfassen zu übernehmen. „Ich habe neben meinem eigenen Brief an mein “liebes St. Anna„ noch vier weitere Texte verfasst“, erläutert Jekeli. Auch ihre Mitstreiterin hat manchen beim Schreiben unterstützt und auch selbst ihre Erlebnisse und Eindrücke aufgeschrieben. Der Aufsatz „Mit Seele und Kehle Long Covid begegnen“ schildert eindrucksvoll, wie sie und andere gemeinsam gegen ihre gesundheitlichen Folgen von Covid ansingen.

In den Geschichten findet man viele Facetten: Da geben Autoren ganz private Einsichten in „ihr“ St. Anna-Bild, erzählen von der Kindheit und Jugend, auch von der Nachkriegszeit. Helmut Jehle wird poetisch und bezeichnet die Kirche als „Leuchtspur durch mein Leben“, Ute Pätzel und Annelies Simm laden zu einer „Matheführung“ ein. Man erfährt auch Kunsthistorisches über die Putten in der Kirche, die Figurengruppe der Fuggerkapelle und sogar, was die Annakirche mit James Bond zu tun hat: Sie wird nämlich im sechsten Teil der Agentenfilmreihe kurz erwähnt.

Spannend fanden die Herausgeberinnen, welche Personen, die sie bisher nie in oder im Umfeld von St. Anna wahrgenommen hatten, sich als eng verbundene „Anna-Liebhaber“ entpuppten. Das gilt auch für katholische Mitchristen. Der ehemalige Domkapellmeister Reinhard Kammler hat ebenso einen Erfahrungsbericht geschrieben wie Stadtdekan Helmut Haug, der St. Anna „seiner“ Moritzkirche gegenüberstellt. „Das zeigt, wie bunt unsere Augsburger Stadtgesellschaft doch ist und welchen identitätsstiftenden Stellenwert St. Anna dabei hat“, freut sich Barbara Jekeli.

Blickt man auf die kurze Zeitspanne zwischen Buchidee und Erscheinen, merkt man schnell, wie viel Freizeit diese zwei Frauen in diesen Wochen für das Herzensprojekt geopfert haben. Als Uni-Dozentin hat Claudia Stöhler zwar Erfahrung mit Publikationen, „die ganze Arbeit selbst gemacht habe ich aber zum letzten Mal bei meiner allerersten Veröffentlichung“, lacht sie. Kosten entstehen freilich trotzdem für den Druck. Die können dank einer Spende des Vereins „Freunde von St. Anna Augsburg“ und einem spendablen Ehepaar zu großen Teil finanziert werden.

Das Buch ist in St. Anna und im Buchhandel erhältlich und kostet zehn Euro. Etwaige Gewinne durch den Buchverkauf kommen der Finanzierung der Feierlichkeiten in St. Anna zugute. Diesen Sonntag (1. Oktober) wird es um 10 Uhr im Gottesdienst mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Pfarrer Thomas Hegner der Öffentlichkeit vorgestellt. (00/3161/29.09.2023)