„Squaring the Circle“ – Ein Prisma und ein brennender Mann

„Squaring the Circle“ ist eine Doku über die britische Designagentur Hipgnosis, die berühmte Plattencover für Rockgrößen der 1960er und 1970er Jahre entworfen hat.

Wer Unterhaltung sucht, stößt heute zunehmend auf spezifische Angebote. Die digitale Schwarmproduktion hat die Logik von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz schon jahrzehntelang vorweggenommen. Eine unaufhörliche Marktdiversifikation im Unterhaltungsbereich macht auch vor Dokumentarfilmen nicht halt. Tausende Fan-Dokus zu jedem erdenklichen Thema werden über Crowdfunding-Plattformen finanziert. Videoproduzenten widmen auch abseitigen Themen auf YouTube mehrstündige Abhandlungen.

Der große Vor- und Nachteil ist in den meisten Fällen, dass man mit seinem Thema nicht mehr eine potenziell desinteressierte Öffentlichkeit erreichen muss. Vermittelnde und einordnende Passagen können reduziert oder ganz gespart werden. Und die Relevanz muss nicht mehr argumentativ begründet werden, weil ja die Entstehung des Films bereits Evidenz genug ist.

Das gilt auch für „Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis“ von Anton Corbijn, der oft wie eine Predigt zu Bekehrten wirkt. Der Dokumentarfilm erzählt die Geschichte der britischen Design-Agentur Hipgnosis, die mit Plattencovern für Bands wie Pink Floyd, Led Zeppelin, Genesis und Black Sabbath berühmt wurde. Das ikonische Prisma auf „The Dark Side of the Moon“, der brennende Mann auf „Wish You Were Here“ und auch das fliegende Schwein auf „Animals“ stammen von ihnen.

Im Mittelpunkt der Doku stehen die Gründer Aubrey „Po“ Powell und Storm Thorgerson, die in launigen Anekdoten vom eigenen Aufstieg und Fall erzählen. Als Interviewpartner treten außerdem Wegbegleiter, Kollegen und vor allem Musiker wie Paul McCartney, Jimmy Page, Roger Waters, Robert Plant, David Gilmour und Noel Gallagher auf.

Corbijn ist zweifelsohne ein nahe liegender Regisseur für dieses Thema. Er entwarf Plattencover für Bands wie U2, Depeche Mode und Metallica.

Gerade im Musikbereich sehen sich Dokumentarfilme oftmals davon bedroht, wenig mehr als ein Merchandise-Produkt zu sein, erstellt für eine spezifische Nische, die nicht unbedingt eine kritische oder auch nur analytische Auseinandersetzung mit dem Gegenstand wünscht. Auch Corbijn scheint davon auszugehen, dass das Publikum mit der Kunst von Hipgnosis aufgewachsen ist und mindestens ein Led-Zeppelin-Tattoo auf dem Unterarm hat.

Natürlich ist es nett und auch amüsant, von Begegnungen zwischen Rockstars und Designern zu hören. Kuriose Begegnung, gemeinsame Gelage, spontane Einfälle: Davon gab es viele. Doch was genau macht diese Cover so besonders? Woher kommen sie, wie schrieben sie sich in die Leben der Menschen ein? Über den Einfluss von Hipgnosis, etwa auf Titelseiten von Science-Fiction-Büchern, erfährt man wenig. Was die Plattenhüllen für Hörer bedeuten, wird eher angedeutet als erklärt; meist herrscht ahistorische Nostalgie vor.

Was ist das für eine Ästhetik, die bei Hipgnosis entsteht? Was bedeutet sie heute, was erzählt sie über den damaligen Zeitgeist? Zu solchen Dingen hört man hier zu wenig. Man muss die Assoziationen wohl selbst schaffen. In „Squaring the Circle“ erzählt Oasis-Frontman Noel Gallagher wehmütig von einer Zeit, in der Musik noch als echte Kunst wahrgenommen wurde. Seine Wehmut ist die des Films, der einleuchtend erklärt: „Vinyl is like the poor man’s art collection.“

Doch ist das nicht eine Kunst, die gescheitert ist, die sich widerstandslos verwerten und zu Logos platttreten ließ? Die in diesem Film eher verehrt und musealisiert als modifiziert und revitalisiert wird? Die Kuh auf dem Cover zu Pink Floyds „Atom Heart Mother“ sollte nichts bedeuten. Eine hilflose subversive Dada-Geste, wie es im Film heißt, und dann eben trotzdem zur Ikone wurde.

„Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis“ hat interessante Momente, doch Corbijn fehlt der Wille, den insularen Kern seiner Betrachtung zu verlassen. Der Film verzwergt sich selbst. Manche Plattenfans haben immer noch nicht verstanden, dass die Erde keine Scheibe ist.