Experten haben den Entwurf des neuen Bestattungsgesetzes für Schleswig-Holstein kritisiert. Für Tade Spranger, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Bonn, ist die darin geregelte Beisetzung Verstorbener nach beschleunigter Verwesung „ein komplett irrer Vorgang“, wie der „Spiegel“ (Ausgabe 39/2023) berichtet. Der Professor, zu dessen Arbeitsgebiet das Friedhofs- und Bestattungsrecht gehört, ist den Angaben zufolge einer der Experten, die das Kieler Justizministerium um Stellungnahme zum Gesetzentwurf gebeten hat.
Bei einer solchen „Reerdigung“, wie sie das Berliner Unternehmen „Meine Erde“ anbietet, wird der Körper eines Verstorbenen in einem sargähnlichen Kokon auf Stroh und Grünschnitt gebettet. Körpereigene Mikroorganismen zersetzen den Körper innerhalb von 40 Tagen zu Erde, die dann beigesetzt wird. Spranger zufolge bestünden „zahlreiche naturwissenschaftliche und medizinische Bedenken, auch in Bezug auf die biologische Sicherheit“ des Verwesungsprozesses, berichtet der „Spiegel“. Überdies fehle für bereits erfolgte Bestattungen im Rahmen des Pilotprojekts von „Meine Erde“ eine „hinreichende Rechtsgrundlage“. Sprangers Fazit: „Es gibt rein gar nichts, was dieses nicht funktionierende Verfahren rechtfertigt.“
Das Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen argumentiert dem Bericht zufolge ähnlich. In einer Ende Juni an die Bezirksregierungen verschickten rechtlichen Einschätzung heiße es in Bezug auf das Verfahren: „Mit den vorgelegten Informationen zur Reerdigung konnte nicht belegt werden, dass Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung ausgeschlossen werden können. Zudem wird dem Grundrecht auf eine ungestörte Totenruhe im Bestattungsrecht eine große Bedeutung beigemessen.“
„Meine Erde“ hat das Verfahren in Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg) getestet. Bei der Genehmigung des dortigen Pilotprojekts hätten sich die Kieler Ministerialbeamten einem dem „Spiegel“ vorliegenden Vermerk zufolge auf ein von „Meine Erde“ bestelltes Gutachten des Juristen Torsten Barthel gestützt, berichtet das Magazin. Barthels Ehemann sei Jörg Litwinschuh-Barthel, Geschäftsführer der „Stiftung Reerdigung“, eines Tochterunternehmens von „Meine Erde“.
Den Verdacht der Befangenheit habe „Meine Erde“-Geschäftsführer Pablo Metz zurückgewiesen, schreibt das Magazin. Metz sehe in der Verbindung „kein Problem“, heißt es. Ein Ministeriumssprecher habe auf Anfrage erklärt, man habe „im Zuge der Erörterung und Prüfung der Thematik zusätzlich einen externen Experten hinzugezogen“.