Es sollte die Möglichkeit eines Zölibatsgelübdes auf Zeit für angehende Priester geben – wie in Orden, sagt Bischof Wiesemann. Und ein katholischer Priester solle auch dann Priester bleiben können, wenn er heiratet.
Nach Auffassung des Speyerer Bischofs Karl-Heinz Wiesemann sollten katholische Priester zunächst ein Zölibatsgelübde auf Zeit ablegen können, bevor sie definitiv die verpflichtende Ehelosigkeit versprechen. Man könne “von der großen geistlichen Tradition der Orden lernen, in denen zunächst zeitliche Gelübde abgelegt werden” und erst nach einer “gewissen Reifezeit im Leben” die Möglichkeit der ewigen Gelübde bestehe, sagte er in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
“Wir erleben ja, dass die Probleme im priesterlichen Leben häufig erst nach fünf bis zehn Jahren einsetzen”, sagte Wiesemann zur Begründung. Die Ermöglichung einer “definitiven Entscheidung erst in der Zeit des gereiften Priesterseins” könne die Kraft des Zölibats als christliches Zeugnis deutlich erhöhen, sagte der Bischof. Voraussetzung dafür sei aber, “dass die Ausübung des Priesteramtes nicht an die Letztentscheidung für den Zölibat gebunden ist”.
Ein katholischer Priester soll auch dann Priester bleiben können, wenn er heiratet, sagte Wiesemann. “Der Zölibat sollte nicht absolut an die Ausübung des Priesterberufes gekoppelt sein”, betonte er. Er plädiere dafür, “den Pflichtzölibat als Bedingung für den Priesterberuf aufzuheben”. Er könne sich vorstellen, “dass einige Ortskirchen, also zum Beispiel die Kirche in Deutschland, einen solchen Weg gehen könnten, ohne dass es weltweit überall so sein müsste”.
Zur Frage, warum er diesen Vorschlag mache, sagte der Bischof: “Wir verzeichnen einen Verlust vieler sehr guter Leute, die den Zölibat nicht leben können oder wollen. Und wir verlieren ebenso viele gute Leute, die sich wegen des Zölibats erst gar nicht für den Priesterberuf entscheiden.”
Der Zölibat solle weiterhin ein wichtiger geistlicher Lebensentwurf für Ordensleute wie für Weltpriester bleiben, betonte Wiesemann. “Aber ich glaube, dass es auch andere Weisen geben kann, dieses sich ganz Christus und seiner Kirche Zur-Verfügung-Stellen auszudrücken und zu leben. Das geht auch in einer Ehe und kann darin noch einmal andere Aspekte zum Leuchten bringen”, erläuterte er. “Die ausschließliche Verbindung von Priesteramt und Zölibat müsste aufgehoben werden.”
Wiesemann (65) feiert am 10. Oktober sein 40-jähriges Priesterjubiläum. Seit 2008 steht er als Bischof an der Spitze des Bistums Speyer.