Die SPD-Politikerin Lale Akgün hat sich gegen eine Unterstützung der Arbeit der Kirchen mit Steuergeld ausgesprochen. Angesichts ihrer schwindenden Rolle in der Gesellschaft sollten diese darüber nachdenken, auf welche „Privilegien“ sie verzichten wollten, sagte Akgün am Donnerstagabend in Landau bei einer Diskussion zur Zukunft des deutschen Staatskirchenrechts. Dieses auch Religionsverfassungsrecht genannte Werk regelt das Verhältnis der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften zum deutschen Staat.
„Meine Idealvorstellung wäre, das Staatskirchenrecht komplett abzuschaffen“, sagte die Kölner Psychologin, die auch Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Säkularität und Humanismus der SPD ist. Dieses Recht, das eine mehr als hundertjährige Tradition habe, sei in einer zunehmend säkularen Zeit „nicht mehr zeitgemäß“. Die Gruppe der Konfessionslosen stelle mit 54 Prozent mittlerweile mehr als die Hälfte der Bevölkerung.
Eine religionsfreie Gesellschaft müsse nicht schlechter sein als eine Gesellschaft, in der moralische und ethische Fragen vor allem durch die Kirchen vertreten würden, sagte Akgün. „Wir sind nicht verloren, wenn die Kirchen weniger Macht haben.“ Die SPD-Politikerin kritisierte, dass der Staat die Arbeit der Kirchen etwa in Schulen in Form des staatlichen Religionsunterrichts und in der Militärseelsorge fördere. Akgün würdigte allerdings das gesellschaftlich-karitative Engagement der Kirchen.
Angesichts des Fachkräftemangels könnten die Kirchen auch ihr eigenes Arbeitsrecht, das nichtchristliche Menschen diskriminiere, nicht mehr aufrechterhalten, sagte die SPD-Politikerin. Für kirchliche Beschäftigte müsse ein Streikrecht möglich sein.
Der Beauftragte der Evangelischen Kirchen am Sitz der Landesregierung in Saarbrücken, Frank-Matthias Hofmann, verteidigte das Staatskirchenrecht. Über dieses kooperierten Staat und Kirchen in wichtigen Arbeitsbereichen wie Kitas, Krankenhäusern, Pflege, Bildung und Schulen. Bei einem Wegfall dieses Sonderrechts müssten staatlich übertragene Aufgaben wie die Kita-Arbeit anders finanziert werden.
Hofmann betonte, dass das Staatskirchenrecht allen Körperschaften des öffentlichen Rechts, also auch muslimischen Religionsgemeinschaften, offenstehe. Es basiere auf dem Grundsatz der Religionsfreiheit und der Trennung von Staat und Kirche und verpflichte den Staat zu weltanschaulicher Neutralität.
Die Diskussion wurde veranstaltet von der Evangelischen Akademie der Pfalz in Landau in Kooperation mit dem Verein für Pfälzische Kirchengeschichte und der Speyerer Bistumsgruppe der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte.