Säkularität und Humanismus als Gegenpart zur Religion? So könnte man die Entscheidung der SPD im Bundestag deuten, erstmals eine Sprecherin in diesem Bereich einzusetzen. Die sieht es aber anders.
Die Sprecherin für Säkularität und Humanismus der SPD-Bundestagsfraktion, Kathrin Michel, plädiert dafür, das Religionsverfassungsrecht zu modernisieren. Die Artikel im Grundgesetz zu Religionsgemeinschaften seien mehr als 100 Jahre alt, sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag dem Portal katholisch.de. “Wir sollten uns genau anschauen: Passen sie noch in die Zeit?” Eine behutsame Modernisierung könne zum Wohle aller, auch der Kirchen sein.
Michel ist die erste Sprecherin für Säkularität und Humanismus einer Bundestagsfraktion. Die SPD schuf diesen Posten zusätzlich zum religionspolitischen Sprecher. Diese Aufgabe hat der frühere Arbeitsminister und Protestant Hubertus Heil inne. Die SPD-Politikerin sieht sich in ihrer Rolle nicht als Gegenspielerin zu diesem. Viel mehr gehe es ihr darum das Verbindende zu suchen. “Ich bin davon überzeugt, dass das den Initiativen und Stellungnahmen unserer Fraktion zu Religionen und anderen Weltanschauungen eine ganz neue Qualität geben kann”, sagte Michel.
Die konfessionslose Abgeordnete aus dem sächsischen Bautzen versteht sich selbst als Brückenbauerin. “Ich möchte mithelfen, säkularen Sichtweisen im Konzert der Weltanschauungen mehr Gehör zu verschaffen.” Der säkulare Bereich sei sehr vielfältig, aber politisch bisher nicht so gut vernetzt. Sie wolle auch das Gespräch mit religionskritischen humanistischen Gruppen suchen, sagte Michel. “Denn nur im Dialog kann man Missverständnisse ausräumen”.
Ihr Ziel sei es, Gleichberechtigung zu fördern, ohne jemandem etwas wegzunehmen. Denn: “Der Staat muss alle Bürgerinnen und Bürger gleich behandeln, egal ob gläubig oder nicht.” Es gehe ihr nicht darum, Religion zu bekämpfen. Aber sie sehe etwa die Kirchensteuer als Privileg für Kirchen, das andere Weltanschauungsgemeinschaften nicht hätten. Gleiches gelte für das kirchliche Arbeitsrecht.
Die große Zahl an Kirchenaustritten sieht Michel nach eigenem Bekunden kritisch: “Unsere Gesellschaft wird individueller – und leider auch egoistischer. Damit geht ein Verlust an Zusammenhalt einher, den wir im Alltag zu spüren bekommen.” Die Gesellschaft brauche Institutionen und Orte, die zusammenführen, wo sich Menschen unterstützen und wo sie gemeinsam etwas auf den Weg bringen können.